Rezeptpflichtige Mittel verbieten?

Arzneimittelkauf im Internet

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe plant in Deutschland den Versandhandel von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Zu Recht? Welche Risiken Internethandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bietet.

Risiko 1: Transport

Der Apothekerkammer Niedersachsen berichtet von einem Fall, bei dem die bestellten Medikamente durch einen nicht gekühlten Transport verdorben wurden. Die von einem Patient angeforderten Medikamente wurden von dem Lieferlogistiker der ausländischen Versandapotheke mehrere Stunden in der prallen Sonne hinter dem Haus des Bestellenden abgelegt. Die Medikamente waren nach Rücksprache mit dem Hersteller nicht mehr verwendbar. Die Versandapotheke und der Logistiker verweigerten dem Patienten einen Schadensersatz.

Hierzu ist grundsätzlich festzustellen, dass ausländische Versandapotheken sich gegebenenfalls nicht an den von der Europäischen Union seit 2014 geforderten Qualitätsstandard für eine temperaturgesicherte Lieferung von Medikamenten (Good Distribution Practice, GDP) zu halten brauchen – im Gegensatz zu den Apotheken vor Ort und dem pharmazeutischen Großhandel. Gleiches gilt unter Umständen auch für die entsprechenden deutschen Bestimmungen. Dies birgt erhebliche Risiken für die Verbraucher, da die Qualität der Arzneimittel gefährdet sein kann.

Risiko 2: Lieferung

Eine unmittelbare Versorgung bei akuten Erkrankungen ist durch Versandapotheken nicht möglich. Ein Versenden des Rezepts und die Belieferung mit dem Medikament dauern auf dem Postweg regulär mehrere Tage. Bei einem Poststreik wie im vergangenen Jahr geschehen, warteten Patienten mehrere Wochen auf ihre verschriebenen Medikamente oder erhielten sie überhaupt nicht. Ärzte wurden anschließend aufgefordert, erneut Rezepte zur Versorgung der Patienten auszustellen – eine doppelte Verschreibung, die zulasten der Solidargemeinschaft ging.

Der Apothekerkammer Niedersachen ist zudem ein Fall bekannt, bei dem der Patient seine verschriebenen Medikamente erst 20 Tagen nach seiner Bestellung erhielt. Aufgrund einer falschen Postleitzahl konnte die Versandapotheke nur mit Verzögerung an den Besteller ausliefern. Bei stationären Apotheken besteht dieses Risiko nicht. Sie zeichnen sich durch schnellere und sicherere Versorgungs- und Liefermöglichkeiten aus.

Risiko 3: Fake-Shops

Die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Niedersachsen Petra Kristandt warnte in der vergangenen Woche ausdrücklich vor dem zunehmenden Auftreten gefälschter Internetseiten von Versandapotheken, die von seriösen Seiten kaum zu unterscheiden sind.

Risiko 4: Ökologischer Fußabdruck

Die Bestellung beim Online-Versandhandel belastet die Umwelt. Denn die notwendigen Wege der Zulieferung bewirken eine stärkere Verlagerung des Transportes auf die Straße. Die Auswirkungen auf die Luftbelastung der Umwelt sollte angesichts der immer intensiver geführten Diskussionen bezüglich des Klimawandels in der politischen Diskussion berücksichtigt werden, meint die Apothekerkammer Niedersachen.

Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, unterstützt die Initiative, ein Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel in Deutschland einzuführen: „Es gibt eine Reihe von guten Argumenten für die vom Bundesminister für Gesundheit vorgesehene gesetzliche Korrektur in Deutschland. Eine schnelle Umsetzung ist dringend erforderlich. Die Apotheken vor Ort versorgen flächendeckend zuverlässig die Patienten bei Tag und Nacht – auch bis ans Krankenbett.“

Quelle: Apothekerkammer Niedersachsen

Autor*innen

09.11.2016 | Sandra Göbel/Apothekerkammer Niedersachsen