Das unerkannte Leiden

Depressionen bei Männern

Statistisch gesehen erkranken doppelt so viele Frauen an Depressionen wie Männer. Doch der Schein trügt: Bei Männern äußern sich psychische Erkrankungen anders als bei Frauen und werden daher häufig übersehen oder fehlgedeutet, erklären die Psychologen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychiotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Sie fordern mehr „männertaugliche“ Diagnosekriterien und Behandlungsangebote.

Grübeln und Antriebslosigkeit? – Fehlanzeige!

Niedergeschlagenheit, Grübeln, Antriebslosigkeit und Rückzugstendenzen – so lauten die klassischen Symptome einer Depression. Frauen fällt es leichter, sich mit einer solchen Beschreibung zu identifizieren. Prof. Anette Kersting, Leiterin des DGPPN-Fachreferates für geschlechterspezifische Fragen in der Psychiatrie, bestätigt, „dass Frauen sich eher mit ihren Gefühlen beschäftigen und ins Grübeln verfallen.“ Ist die Definition der Depression speziell auf weibliche Patienten zugeschnitten?

Das männliche Gesicht der Depression

Klinischen Daten zufolge zeigen Männer mit Depressionen häufig Symptome wie Gereiztheit, Irritabilität, Aggressivität, Wut oder antisoziales Verhalten. Charakterzüge dieser Art passen nicht in das klassische Krankheitsbild der Depression. Sie lassen sich eher als Anzeichen für Stress missdeuten. Hinzu kommt, dass Männer seelische Probleme oft verschweigen. Folglich sprechen sie beim Arzt eher ihre körperlichen Symptome an, sodass die Depression lange unerkannt bleibt. Häufig nimmt die Erkrankung schon in einem frühen Stadium eine andere Wendung. Während Frauen bei emotionalem Stress zu Depressionen und Angststörungen neigen, verdrängen Männer ihre Probleme und flüchten sich in Suchtverhalten und Selbstmord, erläutert Prof. Kersting.

Neue Perspektiven auf dem Männergesundheitskongress

Beim dritten Männergesundheitskongress der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung möchte die DGPPN die männlichen Aspekte der Psyche in den Fokus rücken. Ihr Ziel ist es, Männern geeignete Hilfsangebote und Therapieansätze zu bieten. Auch die unterschiedliche Wirkung von Arzneimitteln bei Männern und Frauen wird ein Thema sein.

Autor*innen

28.04.2015 | Susanne Schmid/Neurologen und Psychiater im Netz