Zurück zum inneren Gleichgewicht

Phobischer Schwindel

Die Erde schwankt, der Raum dreht sich, Gegenstände erscheinen verzerrt – phobischer Schwindel entzieht den Betroffenen buchstäblich den Boden unter den Füßen. Bei einer Psychotherapie überwinden sie die Angst und finden ihr Gleichgewicht wieder.

Dass Angst einem dem Boden unter den Füßen wegzieht und die Knie zittern lässt, ist sprichwörtlich. Für Menschen mit phobischem Schwindel gehört dieses beunruhigende Gefühl zum Alltag. Bei ihnen lösen an sich harmlose Situationen wie Menschenansammlungen oder enge Räume plötzliche Schwindelattacken aus. Schwindel ist ein subjektiver Eindruck. „Betroffene erleben ihn häufig als Benommenheit, als Unsicherheit auf den Beinen und mangelnde Standfestigkeit, wie wenn man den Kontakt zum Boden verloren hätte“, beschreibt Frank Bergmann vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN). „In vielen Fällen ist eine Schwindelattacke mit Unruhe und manchmal auch mit Übelkeit verbunden.“ Einige Patienten fürchten, ohnmächtig zu werden.

Phobischer Schwindel hat keine körperlichen Ursachen

Häufig vermuten Betroffene hinter den Schwindelattacken körperliche Ursachen. Dabei ist ihr Gleichgewichtssinn völlig intakt. „Sie reagieren vielmehr psychisch bedingt übersensibel auf normale kurzzeitige Gleichgewichtsstörungen oder auf unbewusst ablaufende Korrekturen des Gleichgewichts“, erklärt Dr. Bergmann. Phobischer Schwindel entwickelt sich typischerweise als Reaktion auf berufliche, gesundheitliche oder zwischenmenschliche Krisen und Konflikte. Häufig tritt das Phänomen in Verbindung mit Angststörungen auf. Auch neigen Personen mit phobischem Schwindel vermehrt zu Depressionen.

Diagnose ist langwierig

Schwindelsymptome haben vielfältige Ursachen. Daher nimmt die Diagnose viel Zeit in Anspruch und führt zu verschiedenen Fachärzten. Zunächst gilt es, körperliche Ursachen wie Herzkreislaufprobleme, Erkrankungen der Halswirbelsäule und Durchblutungsstörungen auszuschließen. Wenn Hausarzt, Orthopäde oder HNO-Arzt keine organischen Ursachen gefunden haben, sind Nervenarzt oder Psychiater gefragt.

Mit Psychotherapie die Angst überwinden

Patienten mit Phobischem Schwindel bemühen sich bewusst ihr Gleichgewicht zu kontrollieren. Dadurch neigen sie zu einer intensiven Selbstwahrnehmung und Selbstbeobachtung, weiß Dr. Bergmann. „Diese Selbstbeobachtungs-Spirale kann den Schwindel aufrechterhalten und verstärken“, so der Experte. Eine Psychoeduktion lehrt die Betroffenen diesen Mechanismus zu verstehen und zu überwinden. Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung suchen sie nach den Ursachen der Schwindelsymptomatik, arbeiten an ihren inneren Konflikten und stellen so ihr „inneres Gleichgewicht“ wieder her. Ergänzend helfen Krankengymnastik, Entspannungstherapien und in schweren Fällen Antidepressiva.

Autor*innen

04.02.2016 | Susanne Schmid/Neurologen und Psychiater im Netz