Nicht immer ist Gluten schuld

Überempfindlichkeit auf Weizen

Viele Menschen klagen nach dem Verzehr von Getreideprodukten über Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Häufig werden die  Beschwerden einer Gluten-Intoleranz zugeschrieben. Doch nicht immer liegt diese tatsächlich vor. Prof. Dr. med. Yurdagül Zopf klärt über andere Ursachen auf.

Gluten-Unverträglichkeit als Auslöser?

Viele Menschen vertragen Getreideprodukte schlecht. Kurz nach deren Verzehr kommt es zu Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Eine mögliche Ursache für diese Beschwerden ist die Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit). Gluten ist ein Eiweiß, das in einigen Arten von Getreide vorkommt. Bei Menschen mit entsprechender genetischer Veranlagung ruft das Eiweiß eine Entzündung der Darmschleimhaut hervor. In der Folge baut sich die Darmschleimhaut um, ihre Oberfläche verringert sich und der Darm nimmt weniger Nährstoffe auf. Das Resultat sind Nährstoffdefizite. Die Diagnose Zöliakie kann durch eine Darmspiegelung einwandfrei gesichert oder ausgeschlossen werden.

Andere Ursachen: die NZNWWS

Doch nicht immer ist Gluten der Auslöser für Beschwerden nach Getreideverzehr. Eine andere mögliche Ursache ist die sogenannte Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität, kurz NZNWWS. Prof. Dr. med. Yurdagül Zopf, eine Expertin für klinische und experimentelle Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Erlangen, berichtet auf der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2015 über diese Erkrankung.

NZNWWS und Zöliakie: Wo liegen die Unterschiede?

Die Symptome einer NZNWWS entsprechen den Beschwerden eine Zöliakie: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Anders als bei der Zöliakie ist die Darmschleimhaut bei einer NZNWWS jedoch nicht entzündet. Auch handelt es sich bei der NZNWWS nicht um eine chronische Erkrankung. Die Beschwerden treten kurz nach dem Verzehr auf und bessern sich rasch, wenn getreidehaltige Lebensmittel gemieden werden. „Eine Zöliakie entwickelt sich dagegen meistens langsam“, erläutert Prof. Zopf. „Zur Besserung kommt es erst, wenn sich die Darmschleimhaut erholt hat.“

Eiweiße und Kohlenhydrate unter Verdacht

Die Forschung ist bislang nicht sicher, welche Bestandteile des Getreides eine NZNWWS auslösen. Zu den verdächtigen Substanzen zählen spezielle Eiweiße (Proteine): die Amylase-Trypsin-Inhibitoren. „Diese Proteine, mit denen Pflanzen Schädlinge abwehren, kommen vor allem in den modernen und hochgezüchteten Getreidesorten vor“, berichtet Prof. Zopf. Die Vermutung der Wissenschaftlerin: Der menschliche Darm könne Amylase-Trypsin-Inhibitoren nicht abbauen. Bei einem Kontakt mit der Schleimhaut komme es kurzfristig zur Aktivierung des Immunsystems, was die Beschwerden erkläre.

Als Verursacher verdächtigt werden auch eine Reihe von Kohlenhydraten, die in Weizenmehlen enthalten sind. Die Forscher bezeichnen sie als FODMAP  (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole). „FODMAPs werden vom Darm nicht resorbiert“, erklärt Prof. Zopf. Stattdessen werden sie fermentiert, also durch Enzyme in ihrer Struktur umgewandelt. „Beim Fermentieren entstehen Gase und die Bindung von Wasser kann eine abführende Wirkung haben. Dies erklärt plausibel die von den Patienten beschriebenen Blähungen und Durchfälle“, meint die Expertin.

Getreidehaltige Lebensmittel meiden

Wissenschaftler arbeiten an Strategien, um Getreideunverträglichkeiten ursächlich therapieren zu können. Bis eine Therapie gefunden wird, gilt das Meidungsprinzip. Betroffene sollten auf Lebensmittel verzichten, die sie schlecht vertragen. Welche Produkte dies genau sind, kann je nach Ursache verschieden sein. Hier heißt es testen.

Autor*innen

Sandra Göbel/AWMF | zuletzt geändert am um 09:37 Uhr