Wie das Immunsystem den Geruch prägt

Dufte Gene

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Diese Zwei atmen den Duft der Liebe.

Maria und Peter mögen sich. Sind beste Freunde. Aber der Funke will einfach nicht überspringen. Und daran wird sich vermutlich auch nichts ändern. Denn ihre Gene können sich sprichwörtlich nicht riechen.

Backbuch des Immunsystems

Gene, die den Geruch beeinflussen, gibt es wirklich. Sie befinden sich auf dem sechsten Chromosom. Die Eiweiße, deren Bauplan die duften Gene enthalten, nennen Experten MHC-Moleküle (Major Histocompatibility Complex, beim Mensch auch Human Leukocyte Antigen). Diese Moleküle drücken nahezu jeder Körperzelle einen Stempel auf – eine gestempelte Zelle gehört eindeutig zum Körper. Das Immunsystem greift die Zelle nicht an. Das ändert sich allerdings, sobald Bakterien oder Viren eindringen. Wie Hotdogsemmeln ihre Würstchen umschließen MHC-Moleküle dann Stücke der Eindringlinge. Dieser Hotdog schmeckt dem Immunsystem: Es verschlingt die Zelle und spürt im Körper weitere Eindringlinge auf, um auch diese zu vernichten. Damit es für jeden Eindringling ein passendes MHC-Molekül gibt, also für jedes Würstchen eine passende Semmel, enthält das sechste Chromosom nicht nur ein Semmelrezept, sondern ein ganzes Buch davon – eine Sammlung unterschiedlicher MHC-Gene. Dabei hat jeder Mensch sein ganz persönliches Genmuster.

Das egoistische MHC-Gen

Doch nicht nur in der Körperabwehr spielt MCH eine Rolle. Die Gene wirken sich auch auf den Körpergeruch aus. Ein bestimmtes Genmuster hat einen bestimmten Geruch zur Folge. Vor 15 Jahren zeigte eine Schweizer Forschergruppe, dass dieser MCH-Geruch die Partnerwahl prägt. Die Forscher ließen Frauen an von Männern getragenen T-Shirts schnuppern. Das Ergebnis: Die Frauen fanden den Duft der Männer nur dann anziehend, wenn sich das MCH-Genmuster vom eigenen unterschied.

Auch bei Mäusen und Fischen ist das so – die Weibchen paaren sich vor allem mit Männchen, die anders riechen als sie selbst. Evolutionstechnisch macht das Sinn: Die Nachkommen erhalten eine bunte Genmischung statt nur Kopien eines einzigen MHC-Gens. So sind die Nachkommen gut gewappnet gegen eine Vielzahl von Bakterien und Viren.

Schlafes Bruderduft

Zudem schützt der Duft der MHC-Gene vor Inzucht. Verwandte Tiere und Menschen haben ein ähnliches Genmuster – auch auf dem sechsten Chromosom. So riechen Verwandte vertraut, also nach Familie und nicht nach Abenteuer. Ein komplett unterschiedliches Genmuster scheint aber übrigens auch nicht die Weisheit aller Dinge zu sein. Denn nur weil sich Gene von den eigenen unterscheiden, heißt das ja nicht, dass sie gut sind. Und wer kauft schon gern die Katze im Sack?

Das Parfüm der Fische

Was bleibt, ist die Frage, ob Maria und Peter nicht doch irgendetwas tun können, damit der Funke überspringt. Für Maria gibt es in der Tat eine Lösung – falls sie die Pille nimmt. Denn die Pille scheint die Duftwahrnehmung zu verändern. Setzt Maria die Pille ab, kann sie den Peter vielleicht plötzlich sehr wohl riechen. Und Peter – ob er sich mit einer zu Maria passenden MHC-Mischung einsprühen könnte? Gar keine schlechte Idee, wenn Maria ein Fischweibchen wäre. Für Fische ist der Duft der Gene nämlich bestens erforscht. Forscher vom Max-Planck-Institut haben sogar eine Duftmischung entwickelt, um die Sinne von Fischweibchen zu täuschen. Bei Menschen dagegen bedarf es noch viel Arbeit, um zu entschlüsseln, wie genau die Liebe riecht.

Autor*innen

Julia Ehmer | zuletzt geändert am um 11:23 Uhr