Wie wir uns Fett schmecken lassen

Fett – eine Grundgeschmacksart?

Ob Menschen Fett schmecken können, ist umstritten. Deutsche Forscher haben nun erstmals die Existenz von fettspaltenden Enzymen auf der menschlichen Zunge nachgewiesen. Die Wissenschaftler werten die Enzyme als Indiz dafür, dass Menschen Fette geschmacklich wahrnehmen können.

Wie wir Fett wahrnehmen – Forschung uneins

Die Geschmackswahrnehmung spielt für die Nahrungsaufnahme eine wesentliche Rolle. Sie hilft zu entscheiden, welche Nahrung wir zu uns nehmen. Fünf Geschmacksarten sind bekannt: süß, sauer, salzig, bitter und umami (Geschmack nach Glutaminsäure). Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir kohlenhydratreiche Nahrung mit dem Süßgeschmacksrezeptor erkennen können und eiweißreiche Speisen mit Hilfe des Umamirezeptors wahrnehmen. Ob Menschen auch Fett schmecken können, ist umstritten.

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die menschliche Vorliebe für Fett hauptsächlich auf den Geruchs- und Tastsinn gründet. Diese beiden Sinne sprechen auf die im Fett gelösten Aromastoffe und die Beschaffenheit fetthaltiger Nahrung an. Jüngste Forschungsergebnisse erhärten jedoch den Verdacht, dass der Geschmackssinn an der Wahrnehmung von Fett beteiligt ist.

Drei neue Enzyme entdeckt

Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) haben in Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität München (TUM) erstmals drei fettspaltende Enzyme (Lipasen) im menschlichen Speicheldrüsengewebe der Zunge nachgewiesen. Die Lipasen werden von den Von-Ebner-Speicheldrüsen hergestellt und in direkter Nähe zu den Geschmacksknospen freigesetzt. Sie sind in der Lage, Fettsäuren aus den Nahrungsfetten abzuspalten, sodass diese von Rezeptoren erkannt werden könnten. Zum zweiten belegt die Studie, dass Probanden einen schwächeren Fettgeschmack wahrnehmen, wenn sie Nahrungsfette zusammen mit einem Hemmstoff verzehren, der die Lipasenaktivität verringert.

Fettsäuren lösen Geschmacksrezeptoren aus

„Wir gehen derzeit davon aus, dass die von uns identifizierten Lipasen für die Verdauung der Fette nur eine untergeordnete Rolle spielen“, berichtet Nadine Voigt, Erstautorin der Studie. „Die von den Enzymen aus den Nahrungsfetten freigesetzten Fettsäuren dienen vermutlich eher dazu, über den Fettsäurerezeptor einen Fettgeschmack auszulösen“, erklärt Studienleiter Maik Behrens.

„All diese Indizien sprechen für die geschmackliche Wahrnehmung fetthaltiger Lebensmittel“, betont Wolfgang Meyerhof, Leiter der Abteilung Molekulare Genetik am DIfE. Ob es sich bei dieser Wahrnehmung um eine sechste Grundgeschmacksart „fettig“ handelt, bedarf weiterer Forschung.

Autor*innen

Sandra Göbel/DIfE/TUM | zuletzt geändert am um 17:44 Uhr