Ist die Händigkeit hormonell geprägt?

Winterbabys häufiger Linkshänder

Ein Geburtsdatum im November, Dezember oder Januar begünstigt bei Männern Linkshändigkeit. Als Erklärung für dieses Phänomen vermuten österreichische Forscher einen hormonellen Mechanismus. Eine Studie von Wissenschaftlern der Fakultät für Psychologie der Universität Wien legt dies nahe.

Mehr Männer sind linkshändig

Bei Rechtshändern ist die linke Hirnhemisphäre dominant, bei Linkshändern ist es die rechte. Die genetischen Grundlagen der Händigkeit sind nach wie vor nicht vollständig geklärt. Forscher der Fakultät für Psychologie der Universität Wien haben nun indirekt einen hormonellen Mechanismus bestätigt, der offenbar Linkshändigkeit bei Männern begünstigt.

Die Studie umfasste zwei große unabhängige Stichproben mit insgesamt fast 13.000 erwachsenen Teilnehmern aus Österreich und Deutschland. Insgesamt waren 7,5 Prozent der Frauen und 8,8 Prozent der Männer Linkshänder. „Erstaunlich war, dass dieses Ungleichgewicht durch einen Geburtsüberschuss männlicher Linkshänder speziell in den Monaten November, Dezember und Januar zustande kam“, erklärt Ulrich Tran, Erstautor der Studie. Unter den in den Monaten November bis Januar geborenen Männern lag die Linkshänderquote bei 10,5 Prozent.

Testosteronspiegel als Ursache im Verdacht

Doch warum zeigte sich ein Jahreszeiteneffekt in der Linkshändigkeit nur bei Männern? Die Forscher gehen davon aus, dass ein erhöhter Testosteronspiegel beim Ungeborenen eine spätere Linkshändigkeit begünstigt. Testosteron ist das männliche Geschlechtshormon. Männliche Föten haben aufgrund ihrer eigenen Hormonproduktion einen höheren Testosteronspiegel als weibliche. Winterbabys weisen wiederum einen höheren Testosteronspiegel auf als Sommerbabys. Denn bei Winterbabys liegen die ersten Schwangerschaftsmonate im Sommer. Dadurch stehen sie während der Embryonalentwicklung unter einem stärkeren Einfluss von Tageslicht. Es gilt als erwiesen, dass Tageslicht die Testosteronproduktion erhöht.

Die US-Neurologen Norman Geschwind und Albert Galaburda vermuteten bereits in den 1980er Jahren, dass Testosteron bei Ungeborenen die Reifung der linken Hirnhemisphäre hemmt. Da bei Linkshändern die rechte Hemisphäre dominant ist, fördert dies eine Linkshändigkeit. Der Testosteronspiegel des Fötus kann aber auch durch den Hormonspiegel der Mutter oder andere äußere Faktoren beeinflusst werden. Den genauen Wirkmechanismus wollen die Forscher deshalb in zukünftigen Studien klären.

Autor*innen

Sandra Göbel/Universität Wien | zuletzt geändert am um 12:30 Uhr