Risikofaktoren kennen

Verwirrt nach der OP

Bis zu 70 Prozent der älteren Patienten leiden nach einer Operation unter Orientierungslosigkeit, Unruhe, Halluzinationen oder Angstzuständen. Bleiben die kognitiven Störungen unentdeckt, besteht ein großes Risiko, dass sie auch nach der Entlassung anhalten. Davor warnen Experten der Universitätsmedizin Berlin.

Meist mehrere Faktoren verantwortlich

Operative Eingriffe sind vor allem für ältere Patienten eine große Belastung. Bis zu 70 Prozent leiden nach einem operativen Eingriff unter kognitiven Störungen, dem postoperativen Delir (POD). Typische Beschwerden sind Orientierungslosigkeit, Unruhe, Halluzinationen oder Angstzustände. Ein Delir hat unbehandelt schwerwiegende Folgen: erhöhte Sterblichkeit, ein verlängerter stationärer Aufenthalt und ein hohes Risiko für den Verlust der Selbstständigkeit. Frühzeitig erkannt und behandelt kann man den Folgen eines postoperativen Delirs gut entgegenwirken.

Das Risiko für ein POD ist von Mensch zu Mensch verschieden. Gefährdet sind vor allem Menschen über 65 Jahren, die viele Medikamente nehmen oder Medikamente, die auf das zentrale Nervensystem wirken. Bei Operationen am offenen Herzen oder großen gefäßchirurgischen Eingriffen steigt die Wahrscheinlichkeit eines Delirs. Eine bestehende Demenz, Flüssigkeitsmangel oder eine Seh- und Hörschwäche sind weitere Risikofaktoren. Meist liegt einem Delir eine Kombination von auslösenden Faktoren zugrunde.

Nach OP auf Hinweise achten

Während einer Operation können Ärzte auf anästhesiologische Überwachungsmethoden zurückgreifen, um die Narkose exakter zu steuern. „Mittels einer Elektroenzephalografie (EEG), das die elektrische Aktivität des Gehirns misst, kann bei der Narkose-Überwachung die Delir-Häufigkeit um knapp 23 Prozent gesenkt werden“, berichtet Professor Dr. Claudia Spies von der Charité Berlin. „Bereits geringste Veränderungen im Zustand des Patienten werden dadurch sichtbar und wir können noch schneller darauf reagieren." Dem Erkennen von Risikofaktoren vor einer Operation fällt deshalb eine entscheidende Rolle zu.

Nach dem Eingriff gilt es für Ärzte, Pflegende und Angehörige den Patienten genau zu beobachten. Pflegenden fällt beim Erkennen eines Delirs nach einer OP eine große Aufgabe zu, da sie den Patienten über eine längere Zeit hinweg betreuen. Familienangehörige und Freunde können ebenfalls auf Hinweise für ein POD achten und bei Verdacht den behandelnden Arzt ansprechen. Liegt ein POD vor, sollten Angehörige den Patienten regelmäßig an die Zeit und den Ort erinnern und ihm durch Anwesenheit und Berührungen helfen, sich zurechtzufinden.

Autor*innen

S. Göbel/Universitätsmedizin Berlin | zuletzt geändert am um 11:25 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.