Kinder auf Sehfehler testen lassen

Räumliches Sehen will gelernt sein

Entfernungen abschätzen, Objekte in ihrer Tiefe wahrnehmen: Die meisten Menschen halten es für selbstverständlich, dass sie ihre Umwelt räumlich sehen. Doch das räumliche Sehen ist nicht angeboren – es muss im frühen Kindesalter gelernt werden.

Sehen in 3D: Die dritte Dimension entsteht im Gehirn

Wie zwei Hochleistungskameras zeichnen unsere Augen die Umwelt auf. Dabei entstehen zwei Bilder desselben Objekts, gesehen aus einem leicht unterschiedlichen Blickwinkel. Doch die Bilder eines einzelnen Auges sind nur zweidimensional. Erst im Sehzentraum des Gehirns entsteht aus der Verschmelzung dieser beiden Bilder die dritte Dimension. „Diese Dimension des Sehens ist etwas, das wir in frühester Kindheit erst lernen müssen“, erläutert Prof. Dr. med. Joachim Esser vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA).

Räumliches Sehen: Schielen und Fehlsichtigkeit hemmen den Lernprozess

Das Sehen in 3D ist nur möglich, wenn beide Augen genau auf dasselbe Objekt ausgerichtet sind und wenn sie Bilder in gleich guter Qualität liefern. Schon eine leichte Abweichung der Blickachsen, wie sie zum Beispiel beim Schielen auftritt, kann das räumliche Sehen beeinträchtigen. Auch eine einseitige Kurz- oder Weitsichtigkeit stört die Abstimmung zwischen beiden Augen. Wenn kleine Kinder schielen oder eine unterschiedlich starke Sehleistung aufweisen, lernt ihr Gehirn deshalb nicht, die beiden Bilder zu vereinen. Dadurch kann ihr räumliches Sehen dauerhaft eingeschränkt bleiben.

Schielen und Fehlsichtigkeit früh behandeln

Damit Kinder das räumliche Sehen besser erlernen, raten Augenärzte zu einer augenärztlichen Kontrolluntersuchung aller Kinder vor dem dritten Geburtstag. Dabei kann ein leichtes Schielen oder eine Fehlsichtigkeit früh erkannt und behandelt werden. Prof. Esser weist darauf hin: „Eine sonst drohende einseitige Sehschwäche lässt sich so vermeiden und oft ist es auch möglich, zumindest ein gewisses räumliches Sehen zu erzielen.“

Autor*innen

03.09.2015 | Sandra Göbel/BVA