Ist ein Hauptschulabschluss ungesund?

Mehr Bildung, mehr Gesundheit

Das Risiko einer Frühgeburt ist für eine Mutter mit Hauptschulabschluss höher als für eine Mutter mit Abitur. Zudem leben Jugendliche umso gesünder, je höher die Bildung ihrer Mutter ist. Das ergab eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Bildung erhöht Gesundheitsbewusstsein

Je niedriger der Bildungsabschluss ihrer Mutter, umso häufiger rauchen Jugendliche, treiben seltener Sport, sind öfter übergewichtig und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein. Eine gesundheitliche Ungleichheit zeigt sich bereits bei Neugeborenen: Mütter mit höherer Bildung bringen seltener Frühgeburten und seltener Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht zur Welt.

„Die Gesundheit von Kindern wird nicht nur durch die Genetik bestimmt“, erklären die Studienautoren Jan Marcus und Daniel Kemptner. „Eine maßgebliche Rolle spielt auch die elterliche Bildung, etwa indem sie das eigene Gesundheitsbewusstsein erhöht und sich dieses Verhalten auf die Kinder überträgt.“ Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Bildungsinvestitionen auch auf die Gesundheit Einfluss haben. „Bildungspolitik ist auch Gesundheitspolitik“, so DIW-Ökonom Marcus.

Hohes Frühgeburt-Risiko

Insgesamt sechs Indikatoren untersuchten die DIW-Forscher, um die Gesundheit und das gesundheitsbezogene Verhalten von werdenden Müttern und Jugendlichen zu beurteilen: Bei Gebärenden zogen sie die Häufigkeit von Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht heran, bei Jugendlichen das Rauch- und Sportverhalten, das Körpergewicht sowie die subjektiv empfundene Gesundheit.

Die Untersuchungen zeigen, dass das Risiko einer Frühgeburt zunimmt, je niedriger der Schulabschluss der Mutter ist: Mit einem Hauptschulabschluss ist, im Vergleich zum Abitur oder Fachabitur, die Wahrscheinlichkeit fast doppelt so hoch. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Geburtsgewicht. Während mehr als jedes fünfte Kind von Müttern mit Hauptschul- oder Realschulabschluss bei der Geburt ein Gewicht von weniger als 3000 Gramm aufweist, ist dies nur bei 13 Prozent der Kinder von Müttern mit Abitur der Fall.

Mehr Rauchende in bildungsfernen Schichten

Für die Jugendlichen lassen die Untersuchungen vermuten, dass der Schulabschluss der Mutter einen erheblichen Einfluss auf das gesundheitsbezogene Verhalten ihrer jugendlichen Söhne und Töchter hat. So ist der Raucheranteil bei Jugendlichen mit Müttern, die keinen Schulabschluss haben, fast doppelt so hoch wie bei Jugendlichen mit Müttern, die Abitur oder Fachabitur haben.

Auch die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht ist höher, je niedriger der Schulabschluss der Mutter ist. Ein besonders deutliches Bild zeigt sich beim Sportverhalten: Die Wahrscheinlichkeit, wöchentlich Sport zu treiben, ist bei Jugendlichen, deren Mutter Abitur hat, dreimal so hoch wie bei Jugendlichen, deren Mutter keinen Schulabschluss hat.

Bildungsgrad beeinflusst Verhalten der Tochter

Die Ergebnisse beweisen allerdings nur in einigen Bereichen einen ursächlichen Zusammenhang. So wiesen die Forscher nach, dass ein zusätzliches Bildungsjahr der Mutter einen Effekt auf die Gesundheit ihrer Töchter hat: Es verringert die Wahrscheinlichkeit, dass die Tochter raucht, um 7,5 Prozent, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Tochter keinen Sport treibt, um 7,4 Prozent. „Dass sich die Effekte bezüglich des Geschlechts des Kindes unterscheiden, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Mutter stärker für ihre Töchter als für ihre Söhne als Rollenvorbild wirkt“, erklärt Kempter.

Autor*innen

05.02.2013 | Julia Heiserholt