Frühwarnsysteme aufbauen

Hilfe für vernachlässigte Kinder

Vernachlässigt, unterernährt, misshandelt – 40.200 Kinder und Jugendliche mussten 2012 in Obhut genommen werden, so viel wie noch nie. Der Berufsverband der Kinder‐ und Jugendärzte (BVKJ) fordert mehr Hilfe und ein Frühwarnsystem für Gefährdete.

 

Vernachlässigte Kinder auffangen

 

Nach deutschem Recht können Jugendämter vernachlässigte Kinder aus ihrem Elternhaus mitnehmen und vorläufig woanders  unterbringen. Diese Inobhutnahmen sind jedoch Notmaßnahmen, die Kinder zusätzlich zu dem in den Familien erlittenen Leid traumatisieren. BVKJ‐Präsident Dr.  Wolfram Hartmann warnt: „Gewalt, Sucht, Verwahrlosung oder Unterernährung kommen weder aus dem nichts, noch verschwinden sie von selbst. Sie sind immer Ergebnis einer Entwicklung, die oft schon vor der Geburt des Kindes beginnt und sich dann steigert. Die traurigen Rekordwerte bei den Inobhutnahmen zeigen, dass die Entwicklungsrisiken von Kindern durch das derzeitige System früher Hilfen nicht ausreichend erkannt werden." Mediziner können das Problem entgegen der Erwartung vieler Politiker nicht alleine lösen.

 

Hartmann fordert daher ein besseres und einheitliches Qualitätsmanagement im Kinderschutz. Im Moment bestünde ein Flickenteppich aus frühen Hilfen, der sich von Bundesland zu Bundesland unterscheidet. Ziel der frühen Hilfen muss sein, gefährdete Kinder und Jugendliche und ihre Familien so früh wie möglich zu erfassen und ihnen individuell zu helfen. Sonst besteht die Gefahr von Entwicklungsstörungen bei den Kindern. Überforderte Eltern müssen so unterstützt werden, dass Notsituationen erst gar nicht entstehen. 

 

Prävention und Vernetzung

 

Der BVKJ hält es für nötig, die Hilfsmaßnahmen auszubauen und in den Lebensraum der Kinder zu integrieren. Kitas, Familienhebammen und Kinder‐ und Jugendärzte müssen besser als bisher zusammenarbeiten und ein System aus Hilfen schaffen, das den gefährdeten Familien stärker entgegenkommt. Das verursacht hohe Kosten, ist aber „unterm Strich“ preiswerter und nachhaltiger als die Inobhutnahme. Vor allem aber erspart es Kindern und ihren Familien viel Leid.

Autor*innen

04.09.2013 | Julia Heiserholt, BVKJ