Aktive Überwachung verhindert oft OP

Neue Hoffnung bei Prostatakrebs

Viele Männer mit einem langsam wachsenden Prostatakrebs profitieren von einer „aktiven Überwachung“. Sie erhöht die Lebensqualität des Betroffenen, indem sie OP und Strahlentherapie hinauszögert oder überflüssig macht.

Lange Zeit galten Prostataentfernung oder Strahlentherapie als Standardbehandlung bei Prostatakrebs. Diese invasiven (eingreifenden) Therapien sind jedoch oft mit Nebenwirkungen verbunden. Zumindest bei langsam wachsenden Tumoren mit lokaler Begrenzung scheint sich die Standardbehandlung deshalb zu ändern, berichtet die Stiftung Männergesundheit. Darauf weisen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hin: Von 2008 bis 2013 ging die Anzahl an Prostataentfernungen um gut 25 Prozent zurück. Auch Studien belegen diesen Trend: „In der HAROW-Studie, einer prospektiven Beobachtungsstudie, entschied sich immerhin fast ein Fünftel der 3.000 Männer für eine nicht invasive Behandlung“, erläutert Prof. Dr. Lothar Weißbach, wissenschaftlicher Berater der Stiftung Männergesundheit und Leiter der HAROW-Studie. Als Entscheidungshilfe dient ein neutrales und umfassendes Informationsgespräch beim Urologen.

Was kennzeichnet die aktive Überwachung?

Bei einer aktiven Überwachung wird zunächst abgewartet und die invasive Behandlung aufgeschoben. Nur wenn der Tumor fortschreitet, leitet der Arzt eine Operation oder Strahlentherapie ein. Ziel der aktiven Überwachung ist es, eine „Übertherapie“, also eine unnötige Behandlung zu vermeiden und die Lebensqualität des Patienten möglichst lange zu erhalten. Denn Betroffenen bleiben mögliche Folgen einer Operation oder Nebenwirkungen einer Strahlentherapie wie Impotenz oder Harninkontinenz erspart. Während der aktiven Überwachung finden engmaschige Kontrolluntersuchungen statt. Sobald sich dabei ein mögliches Fortschreiten des Tumors abzeichnet, wird der Arzt eine invasive Behandlung ansprechen.

Gut geeignet bei langsam wachsendem Krebs

Besonders geeignet ist die aktive Überwachung bei langsam wachsendem Krebs, der im Frühstadium entdeckt wurde sowie bei hohem Alter des Patienten. In solchen Fällen versterben viele Betroffene an anderen Ursachen, bevor der Krebs ihnen Beschwerden bereitet. Denn häufig dauert es mehrere Jahre bis sich tumorbedingte Beschwerden bemerkbar machen. Diese Beschwerden sind dann abzuwiegen gegenüber möglichen Beschwerden durch OP und Strahlentherapie.

In den Jahren 2012 bis 2014 wurden mehrere internationale Studien publiziert. Sie zeigen, dass die aktive Überwachung als Therapiestrategie sicher ist: Unter aktiver Überwachung mussten weniger als die Hälfte der Betroffenen im späteren Verlauf behandelt werden. Den Übrigen blieb eine Behandlung erspart. „Das legt den Schluss nahe, dass in der Vergangenheit viele Prostataoperationen durchgeführt wurden, die gar nicht erforderlich gewesen wären“, meint Weißbach.

Noch mehr unnötige Operation vermeiden

Weißbach führt weiter aus, dass der Rückgang an Prostataoperationen zwar erfreulich, aber noch nicht zufriedenstellend sei. Die Mehrzahl der neu diagnostizierten Karzinome sind Niedrig-Risiko-Karzinome. Somit könnten sich wesentlich mehr Patienten die Folgen der Prostataoperation so lang wie möglich ersparen. „In Zukunft muss es das Ziel sein, Übertherapien, also nicht notwendige Operationen oder Bestrahlungen, weiter zu reduzieren“, betont Dr. Weißbach.  

Quelle: Stiftung Männergesundheit

Autor*innen

Sandra Göbel/Stiftung Männergesundheit | zuletzt geändert am um 07:45 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.