Kopfschmerzen (chronisch)

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Lange To-Do-Liste und wenig Schlaf: Stress verstärkt den Kopfschmerz.

Chronische oder wiederkehrende Kopfschmerzen bereiten nicht nur dem Betroffenen, sondern auch der Ärzt*in häufig Kopfzerbrechen – allzu groß ist die Palette möglicher Ursachen.

Bis zu 40 % der Bevölkerung leiden zumindest zeitweise unter chronischen oder chronisch-rezidivierenden Kopfschmerzen. Das Ausmaß an Einbuße von Lebensqualität wird dabei von den Betroffenen sehr unterschiedlich bewertet. Es ist deshalb immer eine Einzelfallentscheidung, welchen diagnostischen Aufwand Ärzt*in und Patient*in betreiben wollen, um Kopfschmerzen ursächlich zu klären.

Aber auch wenn die Ursache gefunden ist, bleibt die Herausforderung einer wirksamen Therapie: diese steht kaum jemals in Form von hochwirksamen Tabletten zur Verfügung. Echte Abhilfe verspricht eher, die Ursachen in den Griff zu bekommen – wie die folgenden Übersichten zeigen.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Wiederkehrende oder dauerhafte, dumpf-drückende, beidseitige Kopfschmerzen mit dem Gefühl eines Schraubstocks oder schweren Reifs rund um den Kopf; oft zusätzlich Nackenschmerzen; evtl. leichte Geräusch- oder Lichtempfindlichkeit; keine Zunahme der Schmerzen bei körperlicher Aktivität; Dauer der Schmerzen 30 Minuten bis 24 Stunden, selten bis zu einer ganzen Woche

Ursachen:

Maßnahme:

  • Am selben Tag zur Hausärzt*in bei starken Schmerzen ohne erkenntlichen Grund
  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in bei anhaltenden Schmerzen

Selbsthilfe:

  • Duschen oder ein Vollbad nehmen; sich hinlegen
  • Mind-Body-Therapien anwenden
  • Die Schläfen massieren
  • Kalte oder warme Umschläge (je nach Bedarf) auf die Stirn legen
  • Pfefferminzöl auf die Stirn und die Schläfen geben und leicht einmassieren
  • Schmerzmittel wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure einnehmen
  • Je nach Ursache evtl. Matratze oder Arbeitsstuhl austauschen
  • Evtl. die Sehkraft überprüfen lassen (vor allem bei abendlichen Kopfschmerzen)
  • Für ausreichend Ruhe und Schlaf sorgen und am Abend auf möglichst wenig Stress achten

Anfallsweise wiederkehrende, einseitige, pulsierende oder bohrende Schmerzen an Schläfe, Scheitel, Hinterkopf, Stirn oder Auge; meist zusätzlich Schwindel, Übelkeit und/oder Erbrechen; Geräusch- oder Lichtempfindlichkeit; evtl. Sehstörung; Zunahme der Schmerzen bei körperlicher Aktivität; Dauer der Schmerzen wenige Stunden bis zu 3 Tage

Ursache:

Maßnahmen:

  • Heute noch zur Hausärzt*in, wenn die Kopfschmerzen sehr stark sind und auf nichts ansprechen
  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in, wenn zwischen den Anfällen keine Beschwerdefreiheit besteht oder wenn erstmalig eine Migräne auftritt

Selbsthilfe:

  • In ein ruhiges, abgedunkeltes Zimmer zurückziehen
  • Evtl. Kälteanwendungen ausprobieren, z. B. Ice-Packs oder kalte Umschläge
  • Schmerzmittel wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure einnehmen

Hinweis:

Beim Sex müssen Menschen mit chronischer Migräne nicht zwingend Abstriche machen. Während Sex bei einigen Betroffenen die Schmerzen eher verstärkt, lässt er bei anderen die Schmerzen sogar abklingen. Ursächlich für den Schmerznachlass sind vermutlich die Ablenkung sowie die Ausschüttung des Glückshormons Endorphin. Ob Betroffene selbst zu den Profiteuren gehören, lässt sich nur durch Ausprobieren herausfinden.


Kopfschmerzen nach dem Geschlechtsverkehr, die einige Minuten bis zu einem Tag andauern und v. a. Männer betreffen

Ursache:

  • Postkoitaler Kopfschmerz

Maßnahme:

  • Kein Arztbesuch erforderlich; postkoitaler Kopfschmerz ist lästig, aber harmlos; ursächlich sind vermutlich hormonelle und vegetative Reaktionen im Rahmen des sexuellen Erregungszyklus

Selbsthilfe:

  • 1 Stunde vor dem Geschlechtsverkehr Schmerzmittel wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure einnehmen
  • Auf Alkohol und Nikotin vor dem Geschlechtsverkehr verzichten

Mehrfach täglich wiederkehrende, unerträgliche Schmerzattacken im Bereich eines Auges mit gleichzeitiger Augenrötung, Tränenfluss und Nasenlaufen

Ursachen:

  • Clusterkopfschmerz: Anfallsdauer 15–180 Minuten
  • Paroxysmale Hemicranie (anfallsartiger Halbseitenkopfschmerz): Anfallsdauer 2–45 Minuten; mindestens 5 Attacken pro Tag

Erstmaßnahme:

  • Aufrechte Haltung einnehmen, nicht hinlegen
  • Am selben Tag zur Hausärzt*in oder Neurolog*in

Selbsthilfe:

  • Meiden möglicher Auslöser wie Alkohol, Nikotin, Badezusätze. Auch Sport und Sex können Auslöser sein!

Wechselnde oder dauerhafte Kopfschmerzen, die sich vom Hinterkopf nach vorne ziehen, meist seitenbetont; zusätzlich Verspannungen im Nacken, evtl. Schulter- und Armschmerzen; oft Verstärkung der Schmerzen durch bestimmte Kopfbewegungen oder -haltungen; evtl. Schwindel und/oder Ohrenklingeln

Ursache:

HWS-Syndrom (Halswirbelsäulen-Syndrom), z. B. bei:

Maßnahmen:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in oder Orthopäd*in bei Schwindel oder Ohrenklingeln (Tinnitus)
  • In den nächsten Wochen zur Hausärzt*in oder Orthopäd*in, wenn sich die Beschwerden nicht bessern

Selbsthilfe:

  • Wärmeanwendungen im Nacken durchführen
  • Ergonomie am Arbeitsplatz verbessern; Ausgleichsbewegungen schaffen, etwa durch Sport in der Freizeit
  • Rückenschule besuchen, Entspannungsübungen für Schulter und Nacken praktizieren (z. B. Yoga)
  • Mind-Body-Therapien erlernen

Wechselnde Stirnkopfschmerzen, bevorzugt bei Überanstrengung der Augen; oft nach Arbeiten am Bildschirm; evtl. unscharfes oder doppeltes Sehen, Schwindel

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Optiker*in oder Augenärzt*in bei Sehverschlechterung

Selbsthilfe:

  • An neue Brille oder Kontaktlinsen schrittweise gewöhnen, anfangs nur kurzfristig tragen, dann Dauer steigern
  • Augen-Entspannungsübungen durchführen
  • Bei Bindehautentzündung: sorgfältige Augenhygiene, Meiden von Zugluft und verrauchten Räumen

Dauerhafte Kopfschmerzen mit behinderter Nasenatmung; zusätzlich näselnde Sprache, evtl. Dauerschnupfen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Haus- oder HNO-Ärzt*in, wenn die Beschwerden länger als 4 Wochen anhalten

Selbsthilfe:

  • Inhalationen und evtl. Nasendusche

Wechselnde, drückende oder pulsierende Kopfschmerzen, häufig beim Aufwachen; evtl. häufiges Nasenbluten, Schwindel, Ohrensausen oder Sehstörungen

Ursache:

Maßnahme:

  • Am selben Tag zur Hausärzt*in, wenn die Beschwerden neu auftreten, auch bei bekanntem Bluthochdruck

Kopfschmerzen mit Schwindel beim Aufstehen und bei anderen Lagewechseln; zusätzlich Schweißausbruch, Übelkeit und Herzklopfen; evtl. Schwarzwerden vor Augen bis hin zur kurzzeitigen Bewusstlosigkeit

Ursache:

Maßnahmen:

  • Nach Bewusstlosigkeit sofort zur Hausärzt*in fahren lassen
  • Sonst in den nächsten Wochen zur Ärzt*in

Selbsthilfe:

  • Schnelle Lagewechsel meiden, vorsichtig aus dem Bett aufstehen
  • Wechselduschen und Bürstenmassagen durchführen, um den Kreislauf anzuregen
  • Ausreichend schlafen
  • Tagsüber viel bewegen

Kopfschmerzen mit Schlappheit und Leistungsschwäche; evtl. morgens lange keine Energie; evtl. kalte Füße und Hände

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in

Selbsthilfe bei niedrigem Blutdruck:

  • Bei Lust auf Salz ruhig salzreich Essen
  • Wechselduschen und Bürstenmassagen durchführen, um den Kreislauf anzuregen
  • Ausreichend schlafen
  • Tagsüber viel bewegen

Neu auftretende Kopfschmerzen in der fortgeschrittenen Schwangerschaft mit Ohrensausen, Übelkeit und Erbrechen; Nachlassen der Urinmenge, evtl. getrübter Urin; Wassereinlagerungen (v. a. an Armen, Beinen und Augenlidern)

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Möglichst rasch den Blutdruck messen lassen, z. B. in der Apotheke
  • Je nach Blutdruckwert am gleichen oder spätestens am nächsten Tag zur Frauenärzt*in oder alternativ zur Hausärzt*in. Eventuell besteht die Gefahr einer Früh- oder Totgeburt!

Langsam zunehmende, dauerhafte starke Kopfschmerzen; oft Verstärkung durch Husten, Pressen, Haltungswechsel; oft morgendliches Erbrechen und/oder Übelkeit; evtl. Schläfrigkeit, Lähmungen, Seh- oder Hörstörungen; evtl. unerklärliche Wesensveränderung

Ursachen:

Hirndrucksteigerung als Folge von z. B.

Maßnahmen:

  • Sofort die Notärzt*in rufen oder den Betroffene in die Klink fahren bei neurologischen Ausfällen wie Lähmung oder Seh- und Hörstörungen
  • Sonst spätestens am nächsten Tag zur Ärzt*in

Dauerhafte, drückende oder pulsierende Kopfschmerzen bei regelmäßiger Medikamenteneinnahme

Ursachen:

  • Analgetikakopfschmerz (durch Schmerzmittel verursachter Kopfschmerz)
  • Arzneimittelnebenwirkung, z. B. von Nitraten, weiblichen Geschlechtshormonen (wie der Pille), verschiedenen Bluthochdruckmitteln

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in

Selbsthilfe bei Analgetikakopfschmerz:

  • Analgetika (Schmerzmittel) konsequent weglassen

Ihre Apotheke empfiehlt

Selbstmedikation.

Bei kurzen Kopfschmerzphasen (bis zu 3 Tagen) helfen rezeptfreie Schmerzmedikamente wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Paracetamol – je nachdem, was Ihnen erfahrungsgemäß hilft. Kombinationspräparate, auch mit Koffein, sind oft weniger gut verträglich und deshalb nur die 2. Wahl.

Eine längerfristige Einnahme von Schmerzmedikamenten ist hingegen nicht zu empfehlen: Dies kann die Kopfschmerzen nämlich noch verschlimmern (sog. Analgetikakopfschmerz). Dies gilt besonders, wenn Sie die auf dem Beipackzettel angegebene Tageshöchstmenge überschreiten. Auch drohen bei jahrelanger Einnahme Schäden an der Niere.

Mind-Body-Therapien.

Mind-Body-Therapien wirken in erster Linie prophylaktisch und sind vor allem bei stressbetonten Kopfschmerzen sinnvoll. In der akuten Kopfschmerzattacke helfen sie nicht. Empfehlenswert sind Yoga, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und Autogenes Training. Entsprechende Übungen sollten mindestens 1-mal wöchentlich durchgeführt werden. Um das Verfahren zu erlernen, empfiehlt sich der Besuch eines Kurses in Privatpraxen, Sportvereinen oder Volkshochschulen unter qualifizierter Leitung. Erfahrene Anwender können anschließend selbstständig weitermachen. Auch Internet-Videos helfen, das Erlernte zu vertiefen.

Biofeedback.

Einen ursächlichen Therapieansatz bei chronischen Kopfschmerzen, vor allem bei Migräne, verspricht die Biofeedback-Methode. Während einer Biofeedback-Sitzung misst ein technisches Gerät die Körperfunktionen, von denen ein ursächlicher Zusammenhang mit den Kopfschmerzen vermutet wird, beispielsweise Kopfmuskelaktivität, Pulsschlag oder Weite der Blutgefäße. Während der Messung verfolgt die Patient*in die Messergebnisse live auf einem Monitor. Steigt etwa der Pulsschlag, steigt auch im selben Moment die Kurve auf dem Monitor. Durch die sofortige Rückmeldung soll der Betroffene lernen, seine Körperfunktionen besser wahrzunehmen und direkt zu beeinflussen, etwa durch Stressbewältigungsmaßnahmen oder Muskellockerungsübungen. Einmal verinnerlicht, sollen die gelernte Selbstregulation dann auch zu Hause – ohne Monitor – greifen. Allerdings: Dieser Lernprozess braucht Zeit. Es sind deshalb immer mehrere Sitzungen nötig, häufig ergänzt durch ein zusätzliches Heimtraining mit speziellen Geräten, die die Ärzt*in, Psychotherapeut*in, Ergotherapeut*in oder Heilpraktiker*in verleiht. Ob das Verfahren im Einzelfall hilft, muss ausprobiert werden.

Schlaf.

Jede Art von Schlafstörung verschlimmert den Kopfschmerz. Achten Sie deshalb auf ausreichend Schlafzeiten – ohne zu übertreiben, denn auch ungewöhnlich viel Schlaf kann den Kopfschmerz verstärken. Viel Bewegung am Tag und Ruhe am Abend verbessern die Schlafqualität. schlaffördernd. Das kann ein Spaziergang, eine Tasse Kräutertee als Betthupferl oder auch ein kleines Glas eines alkoholischen Getränks sein. Größere Alkoholmengen dagegen behindern das Durchschlafen und sollten deshalb vermieden werden.

Ausdauersport.

Moderater Ausdauersport kann die Anzahl an Schmerzattacken reduzieren. Optimal sind dabei Sportarten mit einem gleichmäßigen Sauerstoffverbrauch die beste Lösung, also etwa Fahrradfahren, Aerobic oder Schwimmen, eher ungeeignet sind Fußball oder Kampfsport.

Kopfschmerzkalender.

Um den Auslösern der Kopfschmerzen auf den Grund zu gehen, ist das Führen eines Kopfschmerzkalenders sinnvoll. Dort dokumentiert der Betroffene Tag, Dauer und Ort des Schmerzes. Mithilfe der Aufzeichnungen sind Regelmäßigkeiten im Auftreten des Schmerzes leichter zu erkennen. Gehen den Schmerzattacken häufig dieselben Ereignisse voraus, ist durch Meiden des verdächtigen Auslösers möglicherweise eine Besserung zu erzielen. Kopfschmerzkalender sind als kostenlose Vordrucke über die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft zu erhalten.

Akupunktur und Akupressur.

Viele Menschen mit chronischen Kopfschmerzen machen positive Erfahrungen mit Akupunktur oder Akupressur. Allerdings helfen diese Verfahren nicht bei jedem, die Wissenschaftler*innen sprechen von einem geringen Evidenzgrad. Warum, ist letztlich nicht bekannt. Bei einem Therapieversuch sollte die Wirkung spätestens nach fünf Sitzungen einsetzen. Ist dies der Fall, lohnt es sich, die Behandlung in wöchentlichen Abständen fortzusetzen. Bei chronischen Schmerzzuständen umfasst ein Therapiezyklus insgesamt bis zu 20 Behandlungen.

Bei der Akupressur ist auch die Eigenanwendung zu Hause möglich – allerdings nur nach einer umfangreichen Einweisung durch eine qualifizierte Therapeut*in.

Physikalische Verfahren.

Bei chronischen Schmerzen eignen sich Wärmeanwendungen wie Infrarotbestrahlungen oder Fangopackungen besser als Kälte. Wärme regt den Stoffwechsel an und entspannt die Muskulatur.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; Sektion "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Arne Schäffler; Sandra Göbel | zuletzt geändert am um 19:25 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.