Schwerhörigkeit und Taubheit

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Eine Schwerhörigkeit entwickelt sich oft schleichend und fällt dem Betroffenen lange Zeit nicht auf.

Was als Schallwellen am Trommelfell ankommt, geben Mittelohr und Innenohr an die Hörnerven weiter, die wiederum elektrische Impulse an das Hörzentrum im Gehirn leiten. Dieses interpretiert daraus z. B. ein Wort oder einen Flötenton. An jeder Stelle der Informationsleitung können Störungen auftreten, die abhängig von der Lokalisation zu verschiedenen, ein- oder beidseitigen Hörproblemen führen. Ob die Schwerhörigkeit ein- oder beidseitig ist, lässt sich beim Telefonieren herausfinden, indem man den Hörer hin- und herwechselt.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Langsam zunehmende, beidseitige Schwerhörigkeit; anfangs v. a. bemerkbar in größeren Gesellschaften und hallenden Räumen; oft Lärmüberempfindlichkeit; evtl. hohe Ohrgeräusche (Tinnitus)

Ursachen:

Maßnahme:

In den nächsten Wochen zum HNO-Arzt


Zunehmende ein- oder beidseitige Schwerhörigkeit bei (oft) jüngeren Menschen; oft Ausfluss von schleimig-eitrigem Sekret; evtl. Schmerzen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum HNO-Arzt

Langsam zunehmende beidseitige Schwerhörigkeit mit (meist) tiefen Ohrgeräuschen; einseitig beginnend; evtl. Schwindel

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum HNO-Arzt

Langsam zunehmende beidseitige Schwerhörigkeit mit Kopfschmerzen und Erbrechen

Ursachen:

  • Innenohrschädigung durch gewerbliche Gifte wie Lösungsmittel und Schwermetalle (toxisch bedingte Innenohrschwerhörigkeit)

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum HNO- oder Hausarzt

Langsam zunehmende, einseitige Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen auf der gleichen Seite; evtl. Schwindel, Gleichgewichtsstörungen; evtl. Empfindungsstörung im Gesicht

Ursache:

Gutartige Tumoren der Hörnerven wie

  • Akustikusneurinom (Kleinhirnbrückenwinkeltumor; gutartiger, aber verdrängend wachsender Tumor im Bereich der Hör- und Gleichgewichtsnerven; ausgehend von den Zellen der Nervenhülle)
  • Glomustumor (seltenere Wucherungen in der Wand von Hirnvenen, die nur langsam wachsen, dabei aber umgebende Strukturen in der Schädelbasis zerstören)

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum HNO-Arzt

Plötzliche, einseitige Schwerhörigkeit oder Taubheit; vorausgehend oft Druck oder Wattegefühl im Ohr, taube Haut in der Umgebung des Ohrs; Ohrgeräusche (Tinnitus); evtl. Schwindel

Ursachen:

Maßnahme:

  • Am selben Tag zum HNO-Arzt

Selbsthilfe:

  • In den ersten Tagen völlige Stille wie auch Lärm meiden
  • Langfristig Stress abbauen, z. B. mithilfe von Entspannungstechniken

Anfälle mit plötzlicher einseitiger Schwerhörigkeit, tiefen Ohrgeräuschen und Schwindel

Ursachen:

Maßnahme:

  • Beim ersten Auftreten sofort zum Haus- oder HNO-Arzt

Selbsthilfe bei HWS-Syndrom:


Beidseitige Schwerhörigkeit mit hohen Ohrgeräuschen sofort nach massiver Lärmeinwirkung

Ursache:

Lärmschaden

  • Vorübergehend nach Diskothek oder Heimwerken ohne Lärmschutz
  • Auf Dauer bei schwerster Lärmbelastung, z. B. Knalltrauma

Maßnahme:

Am selben Tag zum HNO-Arzt


Sofortige einseitige Taubheit mit Schwindel nach Kopfverletzung

Ursache:

  • Schädelbruch, z. B. am Felsenbein

Maßnahme:

Notarzt rufen


Plötzliche Schwerhörigkeit mit einschießendem Ohrschmerz; hohles Gefühl oder Taubheitsgefühl im Ohr; oft Ohrgeräusche, Schwindel; evtl. Austritt von etwas Blut aus dem Gehörgang

Ursache:

Trommelfellverletzung durch

  • Direkte Verletzung, z. B. durch Bohren im Ohr
  • Starke Druckschwankungen (Barotrauma), z. B. bei Ohrfeigen, Explosionen, Tauchen

Maßnahme:

  • Sofort zum HNO-Arzt

Rasch zunehmender, ein- oder beidseitiger Hörverlust, meist mit gleichseitiger Gesichtslähmung; meist Ohrgeräusche; oft schubweiser Verlauf

Ursache:

  • Borreliose, Infektion durch Bakterien nach (oft unbemerktem) Zeckenbiss

Maßnahme:

  • Am selben Tag zum Hausarzt, HNO-Arzt oder Neurologen

Ein- oder beidseitige Schwerhörigkeit bis Taubheit bei oder nach schwerer Infektionskrankheit

Ursachen:

Innenohr- oder Hörnervschädigung bei

Maßnahme:

Am selben Tag zum HNO-Arzt bei neuem Auftreten


Dauerhafte oder vorübergehende beidseitige Schwerhörigkeit bei Medikamenteneinnahme; evtl. neu auftretende oder verstärkte Ohrgeräusche (Tinnitus); evtl. Schwindel

Ursache:

Nebenwirkung (toxisch bedingte Innenohrschwerhörigkeit), z. B. von

  • Diuretika
  • Antidepressiva
  • Antibiotika
  • Zytostatika

Maßnahme:

  • Beipackzettel prüfen, ob dort Schwerhörigkeit als Nebenwirkung aufgeführt – wenn ja, am selben oder nächsten Tag zum HNO-Arzt

Beidseitige Schwerhörigkeit nur in bestimmten Situationen (z. B. Untersuchung); keine Hörprobleme im normalen Gespräch, bei Ablenkung etc.; oft bei Kindern und Jugendlichen

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt oder Psychiater

Unfähigkeit, Gehörtes zu verstehen und adäquat zu antworten

Ursache:

Seelentaubheit (zentrale Taubheit) bei Hirnschäden, z. B. bei oder nach

Maßnahmen:

  • Notarzt rufen oder in die nächste Klinik, wenn die Beschwerden neu oder in Zusammenhang mit einer Kopfverletzung auftreten
  • Ansonsten in den nächsten Tagen zum Neurologen oder Psychiater

Ihre Apotheke empfiehlt

Gehör schützen.

Lärm bedeutet Stress für das Sinnesorgan Ohr, wobei "Lärm" alle als störend wahrgenommenen, lauten Geräusche umfasst. Interessanterweise empfinden viele Menschen Geräusche, die sie mögen (z. B. Musik der Lieblingsband) auch bei großer Lautstärke nicht als Lärm.

Eine Schädigung des Gehörs droht bei längerfristigem Lärm ab einer Lautstärke von 85 Dezibel. Ab 120 Dezibel kann bereits eine punktuelle Lärmbelastung, z. B. ein Schussknall, Hörschäden auslösen. Zum Vergleich: Ein Staubsauger erreicht bis zu 70 Dezibel, eine Kreissäge bis zu 100 Dezibel und Konzert- oder Discomusik bis zu 110 Dezibel. Ein Schussknall hat eine Lautstärke von bis zu 160 Dezibel. Es ist empfehlenswert, starke Lärmbelastung so kurz wie möglich zu halten bzw. Ohrstöpsel oder Gehörschutz zu tragen. Übrigens: entgegen dem Gefühl der meisten Menschen gewöhnt sich zwar das Gehirn im Laufe der Zeit an eine andauernde Lärmbelastung, aber nicht das Sinnesorgan Ohr. Tausende von Untersuchungen etwa haben den schädlichen Effekt von nächtlichem Verkehrslärm auf die Gesundheit nachgewiesen – auch dann, wenn die Betroffenen den Lärm gar nicht mehr als störend wahrnehmen.

Schwerhörigkeit erkennen.

Häufig treten Hörminderungen schleichend auf und werden vom Betroffenen lange nicht bemerkt.

Eine einseitige Schwerhörigkeit lässt sich sehr einfach herausfinden, indem man beim Telefonieren den Hörer hin- und herwechselt.

Um eine beidseitige Schwerhörigkeit zu erkennen, helfen die folgenden drei Fragen:

  • Überhöre ich nicht erwartetes Ansprechen, etwa des Partners aus weiterer Entfernung (Sie im Wohnzimmer, Partner im Treppenhaus)?
  • Habe ich das Gefühl andere Menschen sprechen undeutlich oder zu leise?
  • Empfinde ich Kommunikation in größeren Gruppen als anstrengend und treten Missverständnisse in Gesprächen auf?

Zusätzlich lässt sich die eigene Hörleistung mit Fragebögen oder Selbsttests einschätzen. Hörtests für zuhause werden auf Internetseiten, als App oder am Telefon angeboten. Wenn sich der Verdacht auf Schwerhörigkeit bestätigt, klärt ein Besuch beim HNO-Arzt oder Hörgeräteakustiker die Diagnose. Ansprechpartner für technische Lösungen und Hilfen im Alltag sind Hörgeräteakustiker – für eine Kostenübernahme der Krankenkasse ist aber in jedem Fall eine HNO-ärztliche Begutachtung und Rezeptausstellung erforderlich.

Hörgeräte.

Ist das Gehör dauerhaft geschädigt, helfen Hörgeräte oder Hörimplantate dem Patienten sehr oft wieder gut zu hören. Allerdings profitiert nicht jeder Hörverlust von einer Hörgeräteversorgung. Gerade bei Altersschwerhörigkeit verbessern Hörgeräte die Verständigung enorm und erhöhen die Lebensqualität. Moderne Hörgeräte sind einfach zu handhaben und unauffällig im Ohr oder hinter dem Ohr zu tragen. Es gibt verschiedene Modelle, die individuell angepasst werden.

Medikation umstellen.

Medikamente, die als Nebenwirkung vorübergehend oder dauerhaft das Gehör schädigen, werden als ototoxisch bezeichnet. Auch Gifte, etwa Schwermetalle, haben ototoxische Effekte. Die Symptome reichen in beiden Fällen von geringer Hörminderung bis zur vollständigen Ertaubung. Dabei hängt das Risiko einer Schwerhörigkeit oder Ertaubung von Dosierung, Dauer und Art der Einnahme ab.

Zu den ototoxischen Medikamenten gehören Aminoglykosid-Antibiotika (z. B. Gentamicin) sowie der langfristige Gebrauch von Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAID. Auch manche Diuretika, also Medikamente zur Entwässerung, gefährden bei langfristiger Einnahme das Gehör.

Experten empfehlen, bei der Einnahme von ototoxischen Medikamenten die Hörleistung regelmäßig zu kontrollieren. Früh- und Warnsymptom eines beginnenden Hörschadens ist oft ein Tinnitus.

Bestätigt der HNO-Arzt die ototoxische Hörschädigung, verändert er die Auswahl oder die Dosierung der in Frage kommenden Medikamente.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; Sektion "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Arne Schäffler; Miriam Knauer | zuletzt geändert am um 14:53 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.