Tinnitus und andere Ohrenbeschwerden

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Entspannungstechniken und alternative Heilmethoden helfen, die Beschwerden zu lindern.

Das mit Abstand häufigste Ohrgeräusch ist der Tinnitus. Tinnitus bedeutet die subjektive Wahrnehmung eines Tons oder Geräuschs ohne äußere Schallquelle. Nicht selten steckt dahinter jedoch auch eine Erkrankung des Ohrs oder des Hörnervs.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Ohrgeräusche; nicht pulsierend; Tonhöhe gleich oder von Mal zu Mal wechselnd; immer wiederkehrend, am schlimmsten in Ruhe und vor dem Einschlafen

Ursache:

Tinnitus im engeren Sinne, ohne erkennbaren Grund oder verursacht durch

Maßnahme:

Bei neuem Auftreten am selben Tag zum HNO- oder Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Entspannungsverfahren, Stressmanagement
  • Leise rhythmische Musik
  • Beruflicher Lärm: wenn möglich Wechsel an ruhigen Arbeitsplatz, Lärmstöpsel
  • Privaten Lärm vermeiden
  • Keine chininhaltigen Getränke wie Bitter Lemon

Ohrgeräusche mit Nacken-, Zahn- oder Gesichtsschmerzen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Haus, HNO- bzw. Zahnarzt

Selbsthilfe bei Nackenverspannungen:

  • Massage
  • Wärmeanwendung
  • Lockerungsübungen

Ohrgeräusche (tagsüber) bei Schnarchern; starke Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf; nächtliches Schwitzen

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Selbsthilfe:

  • Am Abend möglichst keinen Alkohol und keine großen Mahlzeiten

Pulsierende Ohrgeräusche (rhythmisch wiederkehrende Töne im Takt des Pulses)

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten 1–2 Wochen zum Hausarzt, wenn die Erscheinung neu auftritt

Ihre Apotheke empfiehlt

Gehör schützen.

Lärm bedeutet Stress für das Sinnesorgan Ohr, wobei "Lärm" alle als störend wahrgenommenen, lauten Geräusche umfasst. Interessanterweise empfinden viele Menschen Geräusche, die sie mögen (z. B. Musik der Lieblingsband) auch bei großer Lautstärke nicht als Lärm.

Eine Schädigung des Gehörs droht bei längerfristigem Lärm ab einer Lautstärke von 85 Dezibel. Ab 120 Dezibel kann bereits eine punktuelle Lärmbelastung, z. B. ein Schussknall, Hörschäden auslösen. Zum Vergleich: Ein Staubsauger erreicht bis zu 70 Dezibel, eine Kreissäge bis zu 100 Dezibel und Konzert- oder Discomusik bis zu 110 Dezibel. Ein Schussknall hat eine Lautstärke von bis zu 160 Dezibel. Es ist empfehlenswert, starke Lärmbelastung so kurz wie möglich zu halten bzw. Ohrstöpsel oder Gehörschutz zu tragen. Übrigens: entgegen dem Gefühl der meisten Menschen gewöhnt sich zwar das Gehirn im Laufe der Zeit an eine andauernde Lärmbelastung, aber nicht das Sinnesorgan Ohr. Tausende von Untersuchungen etwa haben den schädlichen Effekt von nächtlichem Verkehrslärm auf die Gesundheit nachgewiesen – auch dann, wenn die Betroffenen den Lärm gar nicht mehr als störend wahrnehmen.

Stille zur richtigen Zeit.

Besonders nach einer lauten Phase wie einem Musikfestival, einer Feier oder geräuschintensiver Arbeit mit Maschinen braucht das Ohr Zeit zur Regeneration und Entspannung (siehe unten). Allerdings ist Stille nicht immer gut und gesund. Beim Tinnitus (Ohrenklingeln) produziert das Innenohr ein "Grundrauschen", das der Betroffene als Störgeräusch wahrnimmt. Da eine geräuschlose Umgebung häufig das störende Geräusch verstärkt, empfehlen Experten absolute Stille zu vermeiden. Hilfreicher sind in solchen Fällen z. B. leise rhythmische Musik oder gleichförmige Hintergrundgeräusche wie ein tickender Wecker oder leiser Straßenverkehr.

Entspannen und Abschalten.

Das Sinnesorgan Ohr lässt sich nie ausschalten – im Gegensatz zu den Augen. Entscheidend dafür, dass wir trotz Nebengeräuschen und schnarchendem Partner schlafen können, ist die Reizverarbeitung im Gehirn. Vor allem das Zwischenhirn reduziert die Reizmenge aus den beiden Innenohren um über 99 %. Damit dieser Filter Zwischenhirn nicht überfordert wird, braucht es immer wieder Ruhepausen – konkret körperliche und seelische Erholungsphasen. Bleiben diese über Wochen und Monate aus, und prägen Sorgen, belastende Beziehungen oder gar das Gefühl der Ausweglosigkeit den Alltag, droht ein Hörsturz oder Tinnitus.

Was zur Entspannung im Alltag beiträgt, muss jeder selbst ausprobieren. Hilfreich sind beispielsweise Techniken wie autogenes Training, Yoga und progressive Muskelentspannung sowie Massagen oder körperliche Bewegung. Hinzu muss aber auch die Bereitschaft kommen, Probleme im Job, Privatleben oder der eigenen Gesundheit wirklich zu lösen, selbst wenn dies zunächst einmal Zeit und Opfer kostet.

Hilfe bei chronischem Tinnitus.

Der Verlauf eines Tinnitus ist schwer voraussehbar und individuell unterschiedlich. Ab einer Erkrankungsdauer von drei Monaten spricht man von chronischem Tinnitus. Zur Therapie gibt es zahlreiche Ansätze, deren Wirksamkeit zum Teil fraglich ist (z. B. Sauerstofftherapie oder elektromagnetische Stimulation). Definitiv wirksam ist für Betroffene mit starkem Tinnitus die kognitive Verhaltenstherapie. Sie unterstützt den Patienten beim Umgang mit der Störung. Hier ist gut belegt, dass durch eine verbesserte Alltagsbewältigung in vielen Fällen die Lebensqualität deutlich steigt, obwohl das Ohrgeräusch weiter besteht.

Komplementärmedizin.

Viele Tinnituspatienten machen positive Erfahrungen mit alternativen Therapiemethoden. Was genau hilft, muss im Einzelfall ausprobiert werden. In Frage kommen z. B. Akupunktur, Atemtherapie, Mind-Body-Therapie oder homöopathische Begleitung. In der Pflanzenheilkunde wird Ginkgo zur Behandlung bei akutem und chronischem Tinnitus eingesetzt. Gingko hat eine durchblutungsfördernde Wirkung und verbessert die Sauerstoffversorgung im Gewebe. Bei Tinnitus werden üblicherweise Extrakte in Tablettenform über einen Zeitraum von 6–8 Wochen eingesetzt. Gewarnt werden soll allerdings vor einer Infusionstherapie mit Gingko-Extrakten. Sie wird unter anderem vom Bundesgesundheitsamt abgelehnt, weil starke Nebenwirkungen drohen und auch beobachtet wurden.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; Sektion "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Arne Schäffler; Miriam Knauer | zuletzt geändert am um 14:56 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.