Was tun, wenn ein Kunstfehler vermutet wird?

Es ist nahe liegend, bei einem vermuteten Behandlungsfehler einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Aber Vorsicht: Beim Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler geht es zunächst um die Klärung medizinischer Sachverhalte, bei denen kein Anwalt helfen kann. Die Klärung des Verdachts setzt fundierte und spezialisierte medizinische Kenntnisse voraus. Anwälte sind in dieser Hinsicht mangels medizinischer Ausbildung hilflos, allenfalls bei Dokumentationsmängeln können sie den Sachverhalt überschauen.

Deshalb gilt: Der erste Schritt ist stets die Abklärung des medizinischen Sachverhalts durch einen objektiv urteilenden Arzt. Dieser lässt sich am besten dadurch finden, dass ein Arzt des Vertrauens, etwa der Hausarzt, um einen geeigneten Vorschlag gebeten wird. Auch Selbsthilfegruppen können oft Vorschläge machen. Dass der zu befragende Arzt genau dieselbe Facharztqualifikation haben muss wie der im Verdacht des Kunstfehlers stehende, ist selbstverständlich.

In der Regel wird dieser Arzt den Kunstfehlerverdacht nicht sofort bestätigen (können), da nicht alle Beweismittel vorliegen. Aber er wird erkennen lassen, ob aufgrund der Darstellung des Patienten möglicherweise fehlerhafte Entscheidungen getroffen oder Therapien fehlerhaft durchgeführt wurden, oder ob der Patient Opfer einer Behandlungskomplikation wurde, die nicht vorauszusehen war.

Wenn danach ein Anwalt eingeschaltet wird, dann sollte man einen auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Juristen suchen, und mit diesem im Erstgespräch nicht nur über den Fall, sondern auch über dessen Honorarvorstellungen sprechen, die sehr unterschiedlich sein können. Die Namen geeigneter Anwälte vor Ort erfahren Sie entweder von den Selbsthilfeverbänden oder von ihrer Krankenkasse. Das „vor Ort“ ist möglichst wörtlich zu nehmen, denn so lassen sich viele Kosten und Wege vermeiden.

Das weitere Vorgehen ergibt sich aus dem Einzelfall. Oft wird der Anwalt dazu raten, einen außergerichtlichen Vergleich zu suchen, um einen jahrelangen Prozess mit hohen Anwaltskosten zu vermeiden.

  • www.patienten-verband.de – Nützliche, wenn auch mit Ironie und Sarkasmus verfasste Internetseite des Allgemeinen Patienten-Verbands e. V., Marburg: Mit allen notwendigen Tipps zum Thema Kunstfehler.

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Autor*innen

PD. Dr. iur. Peter Merk, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler | zuletzt geändert am um 12:13 Uhr