OP ist meist überflüssig

Bandscheibenvorfall

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Gezielte Übungen stärken die Rückenmuskulatur und beugen Bandscheibenvorfällen vor.

Bandscheibenvorfälle können sehr schmerzhaft sein, müssen aber nur in Ausnahmefällen operiert werden. Ein Bandscheibenvorfall ist eine normale Verschleißerscheinung der Wirbelsäule, die bei vielen Menschen über 30 auftritt.

Die Bandscheiben sitzen zwischen den Wirbeln und haben die Funktion von Stoßdämpfern. Im Laufe des Lebens nutzen sie sich ab - der Faserring, der jede einzelne Bandscheibe umgibt, kann brüchig werden. Bei einem Bandscheibenvorfall reißt dieser Ring und ein Teil des gallertartigen Kerns fließt in das umgebende Gewebe. Bei älteren Menschen ist der Kern so dickflüssig, dass er nicht mehr so leicht vortreten kann. Deshalb tritt ein Bandscheibenvorfall am häufigsten bei Menschen zwischen 30 und 50 auf.

Viele Betroffene merken gar nichts von ihrem Bandscheibenvorfall, denn Beschwerden entstehen nur dann, wenn die verrutschte Bandscheibe gegen eine Nervenwurzel oder das Rückenmark drückt. Dann allerdings sind die Schmerzen meist sehr heftig. 

Operationen nur in vier Prozent der Fälle sinnvoll 

Die Operation eines Bandscheibenvorfalls ist nach Einschätzung von Dr. Martin Marianowicz, Vorsitzender der deutschen Sektion des World Institute of Pain, nur sehr selten angebracht: Wenn Nerven neurologisch messbar geschädigt seien, Betroffene etwa unter Taubheitsgefühlen oder Problemen beim Wasserlassen litten, müsse der Vorfall operiert werden. Dies sei aber nur bei vier Prozent aller Patienten der Fall. 

Doch laut Dr. Marianowicz sind Operationen der Bandscheibe nicht nur häufig medizinisch überflüssig, sondern zum Teil auch riskant: Nach der Operation kann vernarbtes Gewebe an derselben Stelle auf den Nerv drücken, so dass der Patient weiterhin unter Schmerzen leidet. Während ein Bandscheibenvorfall sich häufig von selbst zurückbildet, kann Narbengewebe ein dauerhaftes Problem werden. Zudem wird die hochsensible Statik der Wirbelsäule verändert, wodurch Folgeprobleme drohen.

Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses vermeiden

Ein Bandscheibenvorfall besteht zu 95 Prozent aus Wasser, das im Laufe der Zeit abtransportiert wird. Dr. Bettina Zieseniß, Schmerztherapeutin aus Hamburg, weist darauf hin, dass den meisten Patienten entzündungshemmende, schmerzstillende Medikamente und eine Physiotherapie gut helfen.

Diese Schmerzbehandlung ist allerdings wichtig und sollte unbedingt konsequent durchgeführt werden, um der Entstehung eines so genannten Schmerzgedächtnisses vorzubeugen: Wenn Schmerzen länger als drei Monate anhalten, können die sensiblen Nervenzellen diese erlernen und dann selbst harmlose Reize als Schmerz missdeuten. Um dauerhaften Schmerzen vorzubeugen, können laut Dr. Zieseniß zeitlich begrenzt geringe Dosen Psychopharmaka eingesetzt werden. Diese unterstützen die Schmerz hemmenden Systeme im Gehirn.

Unbedingt empfehlenswert: Gezielter Muskelaufbau

Der Schlüssel zur schnellen Genesung heißt Bewegung. Eine schwache Rückenmuskulatur führt zur Fehlbelastung der Bandscheiben. „Daher ist es wichtig, die Rückenmuskulatur durch regelmäßige Bewegung zu kräftigen und damit die Bandscheiben zu entlasten. Besonders geeignet zum Muskelaufbau im Rücken sind Schwimmen, Wassergymnastik, Skilanglauf und Wandern“, sagt Professor Christian Bischoff von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Auch auf das Körpergewicht sollte geachtet werden, da ein zu hohes Gewicht den Rücken und damit die Bandscheiben belastet.

Deshalb hilft es Bandscheibenpatienten, so bald wie möglich wieder in Bewegung zu kommen. Sie profitieren von regelmäßigen Spaziergängen und Gelenk schonendem Sport. Empfehlenswert ist auch der Aufbau der Rückenmuskulatur an Geräten. 

Autor*innen

Dorothee Steeb | zuletzt geändert am um 10:04 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.