Psychose statt Persönlichkeitsspaltung

Schizophrenie verstehen

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Menschen mit Schizophrenie fühlen sich häufig ausgrenzt und leiden unter den Vorurteilen ihrer Umgebung.

Schizophrenie ist für viele Menschen der Inbegriff des Verrücktseins schlechthin. Entsprechend groß sind Vorurteile und Berührungsängste im Umgang mit der Erkrankung. Um dem entgegen zu wirken, steht der diesjährige Welttag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober 2014 unter dem Motto „Leben mit Schizophrenie“. Schleichender Beginn

Wörtlich übersetzt bedeutet Schizophrenie „Spaltungsirresein“. Dank dieses irreführenden Namens wird der Begriff „schizophren“ in der Alltagssprache meist falsch verwendet. Denn Schizophrenie hat nichts damit zu tun, dass in einem Menschen verschiedene Persönlichkeiten existieren. Stattdessen gehört die Erkrankung zur Gruppe der so genannten Psychosen. Dabei verlieren die Betroffenen vorübergehend den Kontakt zur Wirklichkeit und fühlen sich von ihrer Umgebung bedroht. Die Erkrankung entwickelt sich meist schleichend über einen längeren Zeitraum hinweg. „Sie beginnt häufig mit kleinen Veränderungen und alltäglichen Befindlichkeitsstörungen, wie beispielsweise Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsschwächen, Schlafstörungen und einer gedrückten Stimmung.

Die Symptome können denen einer Depression ähneln und über Jahre andauern“, erklärt Prof. Peter Falkai, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Darüber hinaus leiden die kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen. Diese sind nicht mehr in der Lage, sich auf bestimmte Abläufe oder Gedankengänge zu konzentrieren. Akute Phase mit Halluzinationen

Beim Übergang in die akute Phase kommen dann psychotische Symptome hinzu. „Erkrankte können optische Halluzinationen erleben oder Stimmen hören, die andere nicht wahrnehmen. Typischerweise leiden die Betroffenen unter Wahnvorstellungen und fühlen sich verfolgt und bedroht“, berichtet der Experte. Gute Behandlungsaussichten

In den meisten Fällen bleibt eine Schizophrenie lange unentdeckt. Die Menschen in der Umgebung werden erst aufmerksam, wenn Betroffene halluzinieren oder Wahnvorstellungen haben. Doch die ersten Anzeichen treten bereits in der Jugend auf, bei Männern zwischen 15 und 25 Jahren, bei Frauen etwas später. „Tragisch ist, dass der Erkrankungsbeginn oft in einer Lebensphase erfolgt, in der die entscheidenden Weichen für die berufliche Zukunft und das Privatleben gestellt werden. Dies macht die Bedeutung einer frühzeitigen fachärztlichen Hilfe deutlich“, betont Prof. Falkai. Die Behandlung setzt sich aus einer Kombination von Medikamenten, Psychotherapie und anderen therapeutischen Maßnahmen zusammen. „Bei mehr als der Hälfte der Patienten bilden sich alle Symptome zurück, so dass sie ein nahezu normales Leben führen können – abgesehen von den Maßnahmen zur Rückfallvorbeugung. In den übrigen Fällen lässt sich durch konsequente Behandlung das Risiko, dass erneut schwere Schübe auftreten, deutlich verringern“, macht der Experte den Betroffenen Mut.

Autor*innen

Anne Jantos/DGPPN | zuletzt geändert am um 14:23 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.