Medizinlexikon

Geburtsschäden

  • Verletzungen und Beschwerden, die sich die Mutter während der Entbindung zuzieht. Häufig reißt der Abschnitt zwischen Scheide und Darmausgang (Dammriss) ein. Bei starker Belastung sind auch Scheide und Gebärmutter betroffen (Scheidenriss, Gebärmutterriss). Drückt der Kopf des Kindes während der Geburt auf die Harnblase, entwickelt die Mutter eine Harninkontinenz. Ein starker Druck auf den Ischiasnerv, löst das Ischiassyndrom aus.
  • Verletzungen, die das Kind während seiner Geburt erleidet. Besonders gefährdet, sind Kinder, die noch nicht die Geburtsreife erreicht haben, ungünstig im Mutterleib liegen oder mit Hilfe von Zangen, Saugglocken oder anderen Hilfsmitteln auf die Welt geholt werden. Je nach Umständen zieht sich das Kind Lähmungen, Weichteilverletzungen, Knochenbrüche oder Blutungen zu.
  • Lähmungserscheinungen betreffen vor allem den Fazialisnerv (Nervus facialis) und das Armnervengeflecht (Armplexus). Drückt etwa die Geburtszange auf den Gesichtsnerv, sind die Gesichtsmuskeln des Kindes vorübergehend unbeweglich. Kommt das Kind mit dem Becken voran zur Welt (Beckenendlage), wirkt ein starker Zug auf die Arme. Schäden am oberen Armnervengeflecht (Duchenne-Erb-Lähmung) schränken die Beweglichkeit von Schulter und Arme ein. Schäden am unteren Armnervengeflecht (Klumpke-Lähmung) betreffen Hände und Finger, eventuell auch Augenlider und Pupillen. Bleiben die Lähmungserscheinungen mehrere Tage bestehen, beübt der Krankengymnast die betroffenen Körperbereiche, um Fehlstellungen und Muskelschwund vorzubeugen.
  • Zu den Weichteilverletzungen gehören die Geburtsgeschwulst, das Kopfschwartenhämatom, das Zephalhämatom und das Kopfnickergeschwulst. Geburtsgeschwulst und Kopfschwartenhämatom entstehen, wenn der Kopf des Kindes beim Durchtritt durch den Muttermund zu stark zusammengedrückt wird. Beim Kopfschwartenhämatom verlässt das Blut die Blutgefäße und sammelt sich unter der Kopfhaut zu einem Bluterguss. Weil dem Neugeborenen dadurch größere Blutverluste drohen, überwacht es der Arzt besonders aufmerksam. Um einen Bluterguss handelt es sich auch beim Zephalhämatom. Es entsteht, wenn das Kind mit dem Kopf gegen das Becken der Mutter stößt. Dabei strömt Blut zwischen den Schädel und die Knochenhaut. Die Blutung versiegt schon bald. Allerdings bilden sich später Blutabbauprodukte, die häufig eine Neugeborenengelbsucht hervorrufen. Schwillt der Nacken des Neugeborenen wenige Tage nach der Geburt olivgrün an, diagnostiziert der Arzt eine Kopfnickergeschwulst. Die Kopfnickergeschwulst geht auf Blutergüsse und Muskelzerrungen zurück, die sich das Kind während der Geburt am Hals zugezogen hat. In einigen Fällen entwickelt es sich später zu einem Schiefhals.
  • Von Knochenbrüchen ist vor allem das Schlüsselbein betroffen. Zwar sind Schlüsselbeinbrüche nur selten behandlungsbedürftig, um dem Kind Schmerzen zu ersparen, sollten es die Eltern allerdings nicht auf die verletzte Seite betten und besonders behutsam an und ausziehen. Seltener brechen während der Geburt Oberschenkel und Oberarme.
  • Der außerhalb des Mutterleibs herrschende Luftdruck liegt unter dem Druck in der Gebärmutter. Wechselt das Kind zu schnell von einer Druckzone zur nächsten, platzen seine Blutgefäße und Blut strömt ins Gehirn. Schwere Blutungen hinterlassen oft bleibende Schäden. Besonders gefährdet sind Frühgeborene, weil sie zarte dünnwandige Blutgefäße haben. Aber auch bei Sturzgeburten ist der Druckabfall so abrupt, dass eine Blutung droht. Sehr selten bluten auch Leber, Niere und Milz.