Gesetzliche Früherkennungsuntersuchungen

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Vorsorge beginnt schon bei den Kleinsten – aber auch Erwachsene profitieren von den gesetzlichen Früherkennungsuntersuchungen.

Vorsorge heißt, dafür zu sorgen, dass Krankheiten erst gar nicht entstehen. Somit sind an der Vorsorge nicht nur Ärzte beteiligt. Und wenn wir zur ärztlichen Vorsorge gehen, handelt es sich dabei streng genommen eher um Früherkennung: Falls bereits eine Krankheit entstanden ist, soll diese möglichst rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Die Mammografie z. B. kann Krebsfälle im Frühstadium aufspüren, vorbeugen (also ihr Entstehen verhindern) kann sie nicht. In der Tat haben nur wenige der Vorsorgeuntersuchungen vorbeugenden, d. h. Krankheiten verhindernden, Charakter – solche Ausnahmen sind zum Beispiel Blutdruck- und Cholesterinmessungen.

Welche Vorsorgeuntersuchungen vom Kassenarzt als gesetzliche Untersuchungen kostenfrei angeboten werden können, bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), dem Vertreter der Ärzte, der Krankenkassen und seit 2004 auch der Patienten- und Selbsthilfeverbände angehören. Er beurteilt regelmäßig, welche Früherkennungsverfahren medizinisch notwendig und wirtschaftlich sind.

Was?

Für wen?

Wie oft?

Zahnprophylaxe (zahnmedizinische Individualprophylaxe)

Alle

Dreimal pro Jahr bis zum Alter von sechs Jahren, ab dann zweimal pro Jahr 1. Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

Screening auf genitale Chlamydien-Infektion (Urinprobe)

Sexuell aktive Frauen unter 26

Einmal jährlich. Nutzen ist bewiesen.

Früherkennung Gebärmutterhalskrebs: Gebärmutterhalsabstrich

Frauen ab 20

Einmal jährlich. Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

Früherkennung Brustkrebs I: Ärztliche Brustuntersuchung mit Anleitung zur Selbstuntersuchung sowie Hautuntersuchung3.

Frauen ab 30

Einmal jährlich. Nutzen ist neuerdings wissenschaftlich umstritten.

Check-up (Gesundheits-Untersuchung, Check-up 35)2

Alle ab 35

Alle zwei Jahre. Nutzen ist nicht bewiesen.

04d45

Früherkennung Hautkrebs

Alle ab 35

Alle zwei Jahre. Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

Früherkennung Brustkrebs II: Mammografie[-Screening] (Kasten: Die Mammografie)

Frauen zwischen 50 und 69

Alle zwei Jahre. Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

Früherkennung Prostatakrebs: Tastuntersuchung der Prostata und der Geschlechtsteile sowie Hautuntersuchung3

Männer ab 45

Einmal jährlich. Nutzen ist unstrittig, strittig ist allerdings der in der Regel von Urologen dazu angebotene PSA-Test (die PSA-Debatte).

Früherkennung Darmkrebs I: Tastuntersuchung des Enddarms und Test auf verborgenes (okkultes) Blut im Stuhl (Hämoccult).

Alle zwischen 50 und 56

Einmal jährlich. Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

Früherkennung Darmkrebs II:Darmspiegelung oder Test auf verborgenes Blut im Stuhl

Alle ab 56

Entweder Darmspiegelung (zwei Untersuchungen im Abstand von 10 Jahren) oder Test auf verborgenes Blut im Stuhl (alle 2 Jahre). Nutzen ist bewiesen und unstrittig.

1 Pro Jahr sind für jeden gesetzlich Versicherten ab 18 Jahren zwei zahnmedizinische Kontrolluntersuchungen kostenfrei (Zahnsteinentfernung nur einmal jährlich von der gesetzlichen Krankenversicherung). Die Kontrolluntersuchungen werden sogar honoriert: Bei notwendigem Zahnersatz bekommt man als regelmäßiger „Teilnehmer“ einen Bonus.

2 Durch diesen alle zwei Jahre kostenlos möglichen Gesundheits-Check sollen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden und ein Diabetes frühzeitig erkannt werden. Der Arzt erhebt die Krankheitsgeschichte und führt eine körperliche Untersuchung sowie Bluttests (Gesamtcholesterin, Zucker), Urintests (Bestimmung von Eiweiß, Zucker, roten und weißen Blutkörperchen, Nitrit) und eine Blutdruckmessung durch. Der Check-up wurde wissenschaftlich nie auf seinen Nutzen überprüft, Experten machen geltend, dass er wenig effektiv ist.

3 Zur Früherkennung von Hautkrebs

Von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Früherkennungsuntersuchungen für Erwachsene, angeordnet nach dem Alter bei der ersten Inanspruchnahme. Für diese Früherkennungsuntersuchungen ist keine Praxisgebühr zu zahlen (Stand 2008).


Was?

Wann?

Was wird gemacht?

Erstuntersuchung (U1)

Direkt nach der Geburt

  • Beobachtung von Atmung, Herzschlag, Muskelspannung, Hautfarbe sowie der Reaktionen auf Manipulationen (etwa beim Absaugen) unmittelbar nach der Geburt (Apgar-Score)
  • Gabe der ersten Dosis Vitamin-K-Tropfen (Konakion®) und Prüfung auf kindliche Fehlbildungen (Erstuntersuchung)

U2

3.–10. Tag nach der Geburt

  • Untersuchung auf Geburtsverletzungen, Fehlbildungen, Neugeborenen-Gelbsucht und auffällige Muskelreflexe
  • Neugeborenen-Screening auf Stoffwechselkrankheiten
  • Einleitung der Rachitis- und der Fluorprophylaxe ab dem 10. Lebenstag
  • 2. Dosis Vitamin K-Tropfen

U3

4.–6. Woche

  • Ultraschalluntersuchung der Hüfte
  • Beurteilung der Entwicklung, Besprechen von Ernährungsfragen
  • 3. Dosis Vitamin K

U4

3.–4. Monat

  • Beurteilung der Entwicklung, Besprechen von Ernährungsfragen
  • Beginn der Routine-Impfungen

U5

6.–7. Monat

Beurteilung der Entwicklung, insbesondere der Reaktionen auf die Umgebung, Besprechen von Ernährungsfragen

U6

10.–12. Monat

Beurteilung der Entwicklung, insbesondere der Sprachentwicklung, Besprechen von Ernährungsfragen

U7

21.–24. Monat

Beurteilung der Entwicklung, insbesondere der Sprach- und Sozialentwicklung, Besprechen des Stands der Sauberkeitserziehung

U7a

34.–36. Monat

Beurteilung der Entwicklung, Erkennung von Sehstörungen

U8

43.–48. Monat

  • Beurteilung der Entwicklung, insbesondere der Sozialentwicklung (Kindergartenreife)
  • Hör- und Sehprüfung

U9

60.–64. Monat

  • Beurteilung der Entwicklung und des Verhaltens im Hinblick auf die Schulreife
  • Evtl. werden Impfungen ergänzt.

J1

12–15 Jahre

Beurteilung der Entwicklung, Besprechen von Problemen und Konflikten sowie von Fragen rund um die Themen Drogen, Alkohol, Rauchen, Sexualität, Sport sowie gesunde Ernährung

Zähne

bis zum 18. Geburtstag

Kinder haben zwischen 2 ½ und 6 Jahren Anspruch auf drei Kinderzahnvorsorgeuntersuchungen. Danach sind bis zum 19. Lebensjahr halbjährliche Termine beim Zahnarzt vorgesehen, bei denen auch die Versiegelung der Fissuren an den Backenzähnen sowie eine eventuelle Vorsorge mit Fluoridlack erstattet wird.

Von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Früherkennungsuntersuchungen für Neugeborene und Kinder. In mehreren Bundesländern, z. B. Bayern und Hessen, ist die Teilnahme Pflicht. Während die U7a seit Mitte 2008 generell Kassenleistung in Deutschland ist, übernehmen manche Kassen zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt (z. B. die U10 für 7- bis 8-Jährige und die U11 für 9- bis 10-Jährige). Nicht gesetzlich geregelt, aber gängige Praxis ist die gynäkologische Erstsprechstunde mit jungen Frauen zur Besprechung aller Fragen, von den Menstruationsbeschwerden bis hin zur Verhütung. Diese Fragen lassen sich mit dem Frauenarzt meist besser besprechen als mit dem Kinderarzt.

Autor*innen

Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | zuletzt geändert am um 11:53 Uhr