Nicht nur bei Hitze nervig

Schlafstörungen

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Bei Schlafstörungen sollte man auf Nickerchen am Tage verzichten.

Interview mit Prof. Dr. phil. Egon Stephan, Direktor der Schlafambulanz am Psychologischen Institut der Universität zu Köln und Leiter von Kursen zur Behandlung von Schlafstörungen, die unter anderem stressbedingt sind.

1.    Welche Folgen hat Schlafmangel für den Körper und ab wann sollte man zum Arzt gehen, um etwas gegen Schlaflosigkeit zu unternehmen?

Prof. Dr. Stephan: Das Schlafbedürfnis von Menschen ist sehr unterschiedlich. Allerdings ist eine durchschnittliche Schlafdauer von weniger als fünf Stunden pro Nacht sicherlich unzureichend. Schlafmangel und Schlafstörungen führen zu einer Schwächung der Immunabwehr und häufig bei chronischer Belastung auch zu Bluthochdruck und/oder Herzerkrankungen. Ein Arztbesuch ist notwendig bei ständiger Übermüdung und dann, wenn die eigenen Schritte zur Verbesserung der Situation versagt haben.

2.    In welchen Fällen empfehlen Sie den Besuch eines Schlaflabors, um Schlafstörungen auf die Spur zu kommen?

Prof. Dr. Stephan: Der Besuch eines Schlaflabors ist insbesondere dann notwendig, wenn beispielsweise der Partner oder die Partnerin hört, dass der oder die Schlafende in der Nacht immer wieder mit dem Atem über längere Zeit aussetzt und gleichzeitig am Morgen trotz normal langen Schlafes – also sechs bis neun Stunden – unausgeschlafen und erschöpft ist.

3.    Sind Schlafstörungen eher bei beruflich stark eingespannten Menschen anzutreffen oder zieht sich das Problem durch alle Bevölkerungsschichten?

Prof. Dr. Stephan: Schlafstörungen sind in allen Bevölkerungsschichten anzutreffen. Häufig entstehen sie durch einen unregelmäßigen Lebensrhythmus oder auch dann, wenn man beispielsweise Alkohol als Einschlafmittel benutzt.

4.    Wer im Job stark unter Druck steht, greift unter Umständen häufiger zu frei verkäuflichen Schlafmitteln, um auch mal zur Ruhe zu kommen. Was halten Sie davon? Können diese Schlafmittel süchtig machen und welche Alternativen gibt es?

Prof. Dr. Stephan: Die wirksamen Schlafmittel führen, auch wenn sie rezeptfrei sind, bei regelmäßigem Konsum zur Abhängigkeit. Dazu kommt, dass sie auch noch sehr schnell ihre Wirkung verlieren. Deshalb sollten solche Mittel wirklich nur ausnahmsweise eingesetzt werden. Viel besser ist es, sich durch regelmäßigen Ausdauersport wie etwa Joggen oder der Bewegung auf dem Fahrradergometer nach der Schreibtischarbeit körperlich müde zu machen.

5.    Schnarchen ist ein großes Alltagsproblem – für den Betroffenen selbst, aber auch für den Partner. Raten Sie hier generell zu einer Behandlung bzw. ab welchem Stadium sollte man etwas unternehmen?

Prof. Dr. Stephan: Schnarchen kann, vor allem in Verbindung mit Atemaussetzern, ein Hinweis auf eine Schlafapnoe sein und muss in diesen Fällen im Schlaflabor untersucht werden. In leichteren Fällen kann aber auch eine Zahnschiene helfen und das Schnarchen verhindern. Eventuell kann sich auch der nicht schnarchende Partner mit Ohropax behelfen.
6.    Wie sollte man sich verhalten, wenn man partout nicht einschlafen kann?

Prof. Dr. Stephan: Am besten ist eine sehr regelmäßige Lebensführung, man sollte möglichst also immer zur selben Zeit ins Bett gehen und aufstehen. Wenn man Einschlafstörungen hat, sollte man auch auf keinen Fall tagsüber oder abends vor dem Fernseher ein „Nickerchen“ machen. Und schließlich sollte man erst dann ins Bett gehen, wenn man so müde ist, dass man sich regelrecht nach der Matratze sehnt.

7.    Was genau versteht man unter den verschiedenen „Schlafphasen“?

Prof. Dr. Stephan: Meistens wird der Schlaf in vier Phasen eingeteilt: die Einschlafphase – also der Übergang zwischen Wachzustand und Schlafen, der stabile Schlaf, der Tiefschlaf und schließlich die REM-Phase. In der REM-Phase träumen wir. Während der gesamte Körper sehr entspannt ist, bewegen sich die Augen schnell hin und her.

8.    Welches sind die optimalen äußeren Bedingungen für einen guten Schlaf und gibt es Schlaf fördernde Matratzen oder Kissen?

Prof. Dr. Stephan: Der Schlafraum sollte gut gelüftet und dunkel ohne blinkende Elektronik sein. Die Matratzen sollten dem Rücken einen festen Halt geben, also nicht zu weich sein. Der Körper sollte warm gehalten werden, ohne ins Schwitzen zu geraten.

9.    Smartphones, Tablets etc. sind Fluch und Segen zugleich. Man kann zwar ständig kommunizieren, ist aber auch ständig erreichbar, selbst nach Feierabend und am Wochenende. Kann dieses „Dauerbombardement“ an Mails und SMS auch Auswirkungen auf die Schlafqualität haben und wie kann man sich schützen?

Prof. Dr. Stephan: Arbeitsbereich und Freizeitbereich sollten möglichst klar getrennt werden. Die Erreichbarkeit an jedem Wochentag zu jeder Tageszeit führt zu einem ständigen Spannungszustand im Körper. Dies verhindert die notwendige Erholung in der Freizeit und im Schlaf. Dadurch wird das Einschlafen und Durchschlafen bei vielen Menschen in schwerer Weise gestört. Deshalb sollten dienstliche Handys und Laptops in der Freizeit ausgeschaltet bleiben!

10.    Wann würden Sie generell davon sprechen, dass jemand Schlafstörungen hat und etwas dagegen unternehmen sollte?

Prof. Dr. Stephan: Von Schlafstörungen reden wir, wenn Menschen sich ständig müde fühlen, obwohl sie regelmäßig acht Stunden und mehr im Bett liegen und schlafen beziehungsweise zu schlafen versuchen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der oder die Betroffene sich bereits am Morgen oder auch schon tagsüber müde und erschöpft fühlt. Schlafstörungen zeigen sich vor allem durch langes Warten auf das Einschlafen, Aufwachen mitten in der Nacht, ohne wieder einschlafen zu können, und zu frühes Aufwachen am Morgen, ohne dass man sich ausgeschlafen fühlt.

Autor*innen

Sandra Göbel/djd | zuletzt geändert am um 10:37 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.