Wenn Beruf und Privatleben leiden

ADHS im Erwachsenenalter

Jung und hyperaktiv – so stellt man sich den typischen ADHS-Patienten vor. Die wenigsten wissen, dass die Erkrankung oft im Erwachsenenalter fortbesteht. Bleibt sie unbehandelt, drohen dann beträchtliche Schwierigkeiten im Berufs- und Privatleben.

Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS) ist keine reine Kinderkrankheit. Viele Betroffenen leiden noch im Erwachsenenalter unter beträchtlichen Einschränkungen. Im Gegensatz zu den erkrankten Kindern sind sie jedoch nur selten hyperaktiv. Stattdessen zeigen sie Symptome wie Nervosität, innere Unruhe oder Schlafstörungen und reagieren sehr gefühlsbetont. „Typischerweise fällt es ihnen schwer, den Alltag zu organisieren, planvoll vorzugehen und sich längerfristig auf etwas zu fokussieren. Sie wechseln Tätigkeiten, ohne die Sachen zu Ende bringen zu können – auch weil ihnen die Angelegenheiten als gleich wichtig erscheinen oder sie nicht entscheiden können, mit welcher sie fortfahren sollen“, berichtet Prof. Dr. Alexandra Philipsen von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).

Häufig kommt es zu Brüchen im Berufs- und Privatleben

Erwachsene mit ADHS handeln impulsiv, sprunghaft und unsystematisch. Dies erschwert ihnen das Leben in einer leistungsorientierten Gesellschaft. Dadurch sammeln die Betroffenen vermehrt frustrierende Erlebnisse im Berufs- und Privatleben. In ihren Lebensläufen finden sich oft folgenschwere Einschnitte wie Ausbildungs- und Berufsabbrüche, Arbeitsplatzwechsel und Scheidungen. Auch ungewollte Schwangerschaften und Autounfälle sind häufiger unter ADHS-Patienten. Erschwerend kommt hinzu, dass bis zu 80 Prozent der Erwachsenen mit ADHS weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen und Phobien entwickeln.

Erwachsene mit ADHS profitieren von einer Psychotherapie

Um Benachteiligungen im Berufs- und Privatleben zu vermeiden, sei es für die Betroffenen wichtig, möglichst früh einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aufsuchen, betont Prof. Dr. Philips. Eine Psychoedukation hilft ADHS-Patienten, die Erkrankung zu verstehen. „Sie kann für Betroffene bereits eine erhebliche Entlastung darstellen, weil ihnen klar wird, dass ihre Einschränkungen nichts mit Charakterschwäche zu tun haben sondern erkrankungsbedingt sind", weiß die Expertin. Zusätzlich lernen sie, ihren Alltag zu organisieren, ihre Gefühle zu kontrollieren und mit Stress oder wechselnden Stimmungen umzugehen. Im Rahmen einer Verhaltenstherapie erwerben sich die ADHS-Patienten Problemlösungsstrategien. Außerdem erfahren sie, wie sie ihre Defizite ausgleichen und mit zwischenmenschlichen Schwierigkeiten umgehen. Je nach Begleiterkrankung sind weitere Therapiemodule erforderlich. Erzielt die psychotherapeutische Behandlung keine zufriedenstellenden Erfolge, kommen Medikamente wie Methylphenidat und Atomoxetin zum Einsatz.

Autor*innen

07.01.2016 | Susanne Schmid/DGPPN