Juckreiz (Pruritus) entsteht, wenn der Botenstoff Histamin im Körper freigesetzt wird – z. B. durch Entzündungsprozesse. Nervenfasern leiten die Empfindung zum Gehirn weiter, wo sie den typischen, reflexartigen Drang zum Kratzen auslöst. Der dabei entstehende leichte Schmerz führt zu einer unmittelbaren, wenn auch nur kurzfristigen Unterbrechung des Juckreizes. Denn die schmerzleitenden Nervenfasern sind so schnell, dass sie die Nervenfasern, die für den Juckreiz zuständig sind, überholen. Dadurch überlagert der Schmerz als „kleineres Übel“ das als besonders unangenehm erlebte Jucken. Sobald der Schmerz nachlässt, kehrt der Juckreiz jedoch meist zurück, oft sogar verstärkt.
Je nach Dauer des Juckreizes wird unterschieden zwischen großflächigem und örtlich begrenztem Auftreten sowie einer akuten und einer chronischen Form.
Örtlich begrenzter Juckreiz hat meistens auch eine lokale Ursache: etwa eine Kontaktdermatitis an der Stelle, wo der Jeans-Knopf sitzt, an der Kopfhaut, wo die Talgbildung besonders ausgeprägt ist, oder an den Stellen, wo der Bart neu nachwächst.
Großflächiger Juckreiz von bis zu 6 Wochen Dauer hat meist eine nachweisbare, körperliche Ursache. Im einfachsten Fall ist eine zu trockene Haut der Auslöser, z.B. aufgrund falscher Pflege oder bei Senioren und Seniorinnen als Folge der Alterung der Haut. Doch auch ernste Erkrankungen, die auf den ersten Blick gar nichts mit der Haut zu tun haben, können sich durch einen unerklärlichen Juckreiz bemerkbar machen. Dazu zählen Diabetes mellitus, eine Schilddrüsenüberfunktion oder Leberzirrhose.
Länger bestehender großflächiger Juckreiz hat häufig, aber nicht immer, ebenfalls eine körperliche Ursache wie Diabetes mellitus, eine Leber-, Gallen-, Nieren- oder Schilddrüsenerkrankung. Nicht selten findet sich bei chronischem Juckreiz aber kein körperlicher Auslöser. Leidet der Betroffene unter chronischem Stress oder ungelösten Konflikten, hat der Juckreiz nicht selten eine psychische Komponente: Er symbolisiert dann den Wunsch, „aus der Haut zu fahren“.
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
-
Großflächiger Juckreiz ohne weitere Beschwerden und ohne bekannte Vorerkrankungen wie Diabetes
mehr -
Großflächiger Juckreiz bei bekanntem Diabetes oder mit Beschwerden wie starkem Durst, häufigem Wasserlassen; Gewichtsabnahme, Müdigkeit
mehr -
Großflächiger Juckreiz bei trockener, leicht schuppender Haut; häufig Spannungsgefühl; Verstärkung des Juckreizes bei Kälte oder trockener Heizungsluft; Neigung zu Ekzemen
mehr -
Juckreiz, der nach Vorstellung der Betroffenen durch (nicht nachweisbare) kleine Tierchen ausgelöst wird
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit auffallend "blühender" Gesichtsfarbe
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit knotenförmigen Schwellungen, z. B. an Hals, Achseln, Leisten; evtl. Abgeschlagenheit; evtl. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit vermehrtem Schwitzen und Gewichtsverlust; Heißhunger, Durchfall; Unruhe, Händezittern; evtl. Hervortreten der Augen
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit bräunlicher Verfärbung der Haut; erhöhte Lichtempfindlichkeit der Haut; Übelkeit, Erbrechen
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit gelblicher Verfärbung von Haut und/oder Bindehaut
mehr -
Großflächiger Juckreiz bei Medikamenteneinnahme, meist mit Gelbsucht (Ikterus)
mehr -
Großflächiger Juckreiz mit Hautauschlag bei Medikamenteneinnahme
mehr
Großflächiger Juckreiz ohne weitere Beschwerden und ohne bekannte Vorerkrankungen wie Diabetes
Ursachen:
- Juckreiz ohne nachweisbare Ursache (idiopathischer Juckreiz), liegt bei 50% der Betroffenen vor
- Somatoforme Störung, Angststörung
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Haus- oder Hautarzt
Selbsthilfe:
Großflächiger Juckreiz bei bekanntem Diabetes oder mit Beschwerden wie starkem Durst, häufigem Wasserlassen; Gewichtsabnahme, Müdigkeit
Ursache:
Maßnahme:
- Am selben Tag zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz bei trockener, leicht schuppender Haut; häufig Spannungsgefühl; Verstärkung des Juckreizes bei Kälte oder trockener Heizungsluft; Neigung zu Ekzemen
Ursachen:
- Anlagebedingte Trockenheit der Haut, meist verstärkt im höheren Alter (Altershaut)
- Reinigungsmaßnahmen mit stark entfettender Wirkung
- Textilien aus luftundurchlässigen oder rauen Materialien (z. B. Synthetics, Wolle)
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Haus- oder Hautarzt, wenn Selbsthilfemaßnahmen nicht ausreichen
Selbsthilfe:
- Nicht täglich Baden oder Duschen, rückfettende und pH-neutrale Seifen, Duschgels und Badezusätze
- Nach Hautreinigung eincremen mit stark fetthaltigen Emulsionen oder Öl
- Raumluft anfeuchten
- Luftdurchlässige Kleidung, auf Wolle verzichten
- Evtl. auf Alkohol, scharfe Gewürze und sehr heiße Getränke verzichten
Juckreiz, der nach Vorstellung der Betroffenen durch (nicht nachweisbare) kleine Tierchen ausgelöst wird
Ursache:
- Ungezieferwahn (Wahn im Allgemeinen) mit Berührungshalluzinationen, z. B. bei Schizophrenie, chronischen organischen Psychosen
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt oder Psychiater
Großflächiger Juckreiz mit auffallend "blühender" Gesichtsfarbe
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz mit knotenförmigen Schwellungen, z. B. an Hals, Achseln, Leisten; evtl. Abgeschlagenheit; evtl. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
Ursache:
- Chronische lymphatische Leukämie
- Malignes Lymphom (Lymphknotenkrebs)
Maßnahme:
- In der nächsten Woche zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz mit vermehrtem Schwitzen und Gewichtsverlust; Heißhunger, Durchfall; Unruhe, Händezittern; evtl. Hervortreten der Augen
Ursache:
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz mit bräunlicher Verfärbung der Haut; erhöhte Lichtempfindlichkeit der Haut; Übelkeit, Erbrechen
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz mit gelblicher Verfärbung von Haut und/oder Bindehaut
Ursache:
Gelbsucht (Ikterus) bei Leber- und Gallenwegserkrankungen, z. B.
- Virushepatitis (Leberentzündung)
- Leberzirrhose
- Primär sklerosierende Cholangitis
Maßnahme:
- Am selben Tag zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz bei Medikamenteneinnahme, meist mit Gelbsucht (Ikterus)
Ursache:
Leberschaden als Medikamentennebenwirkung z. B. von
- Schmerzmitteln (NSAR)
- Antibiotika (v. a. Tetrazyklin)
- Mitteln gegen Fettstoffwechselstörungen (Lipidsenker)
- Neuroleptika
- "Pille"
Maßnahme:
- Am selben Tag zum Hausarzt
Großflächiger Juckreiz mit Hautauschlag bei Medikamenteneinnahme
Ursache:
- Medikamentenausschlag (Arznei[mittel]exanthem), z. B. als Nebenwirkung von Antibiotika (v. a. Ampicillin)
Maßnahme:
- Am selben Tag zum Hausarzt
Ihre Apotheke empfiehlt
Betroffene Hautstellen kühlen.
Kälte hilft gegen Juckreiz, weil sie wie Schmerz beim Kratzen das Jucken "überlagert". Anders als beim Kratzen bleibt dabei die Haut aber intakt, weswegen nichts gegen ihren Einsatz spricht. Gut eignen sich lokale Kühlpads, kalte Duschen und kühlende Lotionen. Gerade nachts, wenn der Juckreiz als besonders lästig empfunden wird, hilft es, eine kühle Umgebung zu schaffen: Schlafanzug und Bettwäsche sollten bestenfalls aus leichten, natürlichen Stoffen wie Leinen oder Baumwolle bestehen, ein offenes Fenster für einen angenehmen Durchzug sorgen und eine abendliche lauwarme Dusche den Körper "abkühlen".
Juckimpuls umleiten.
In aller Regel ist der Juckimpuls so stark, dass ein willentliches Unterdrücken des Kratzens kaum möglich ist. Da aufgekratzte Hautstellen sich aber leicht entzünden und wiederum Juckreiz hervorrufen, sollte es dennoch unbedingt vermieden werden. Ein Trick ist es, sich stellvertretend an Gegenständen "abzureagieren", z. B. an Kissen oder Sofalehnen - das reflexartige Kratzen wird also ausagiert, ohne die Haut zu verletzen. Lässt sich der Juckreiz überhaupt nicht unterdrücken, helfen kurz geschnittene Fingernägel und Handschuhe, um die Verletzungsgefahr zu minimieren.
Haut pflegen.
Eine trockene Haut kann nicht nur der Auslöser für Juckreiz sein, sondern diesen auch verschlimmern. Prinzipiell gilt, dass zu heißes Wasser und ein häufiger Einsatz von Seifen oder anderen Reinigungspräparaten die Haut austrocknet. Abhilfe schaffen spezielle rückfettende und alkoholfreie Hygieneprodukte. Bestenfalls lassen Sie sich beim Kauf von einem Fachmann wie Ihrem Apotheker beraten, der Ihnen speziell für Ihren Hauttyp geeignete Waschlotionen und Cremes empfehlen kann.
Entspannungsverfahren.
Ist der Juckreiz psychisch bedingt, bekämpfen Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation und die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) die Beschwerden schon an der Wurzel. Doch auch wenn der Juckreiz eine organische Ursache hat, machen sie Sinn: sie helfen, mit dem Juckreiz umzugehen - indem man lernt ihn zu akzeptieren und anders zu bewerten.